Damit die deutsche Bürokratielandschaft schlanker und sowohl für Unternehmen als auch Bürgerinnen und Bürger wieder attraktiver wird, muss die Digitalisierung vorangetrieben werden. Dabei helfen soll das Onlinezugangsgesetz (OZG), welches Mitte des letzten Jahres als OZG 2.0 in die zweite Runde ging.
Die Digitalisierung in Deutschland ist je nach Bundesland und auch Kommune unterschiedlich weit vorangeschritten. Mancher von den weiter vorne liegenden Kommunen könnte sich da fragen, wozu es überhaupt das OZG braucht, wenn wir zum Teil schon weiter sind, als es das Gesetz vorgibt? Die Antwort auf diese Frage gibt Eckhard Riege, Berater für digitale Verwaltungstransformation und Changemanagement für das Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung in Mecklenburg-Vorpommern, auf dem Kongress Digitale Verwaltung Rheinland-Pfalz: Das Gesetz sei weniger für die gedacht, die die Anforderungen bereits erfüllt haben. Vielmehr bringe das OZG Verpflichtungen mit sich und zwinge auch diejenigen Bundesländer und Kommunen, die vielleicht noch nicht ganz so weit fortgeschritten seien, dazu, einen gewissen Grad der Digitalisierung zu erreichen. Dabei habe sich gerade die kommunale Bereitschaft zum Digitalisieren bereits gewandelt – nicht zuletzt auch durch die kommunalen Spitzenverbände, wie Riege weiß.
Nicht nur Pflichten, sondern auch Unterstützung
Doch gerade auf technischer und finanzieller Ebene sei es wichtig, die Kommunen zu unterstützen. Denn ein Grund, warum Kommunen unterschiedlich weit fortgeschritten seien in der Digitalisierung, seien die teils limitierten Haushaltsmittel. Eine Gemeinde müsse aber unabhängig von ihrem Haushalt zur Digitalisierung ihrer Behörden befähigt werden, erklärt Daniel Hoffmann, OZG-Landeskoordinator im Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung von Rheinland-Pfalz. Dieser Ansatz berge auch Risiken. Denn in vielen Fällen würden Gemeinden mit dem Grundsatz „Es darf nichts kosten“ an die Sache herangehen und überließen es dann häufig Bund und Ländern. Die Lösungen, die dabei meist entstünden, seien zwar rechtlich abgesichert, jedoch häufig auch komplexer, als es die Kommunen bräuchten. Die Alternative sei, dass Kommunen doch selbst Geld in die Hand nähmen und speziell zugeschnittene Lösungen in Auftrag gäben, meint Markus Schuster, der Leiter des Vertriebs von intarsys.Hinzu komme bei den kostenfreien Lösungen, dass mit zunehmender Nutzerzahl auch umso mehr Themen und Änderungswünsche aufkämen. Gerade dann müsse aber auch das Feedback ernst genommen und im Zweifel nachjustiert werden, ist sich Gregor Schumann, IT-Projektleiter bei der brain-SCC GmbH, sicher. Dabei sei eine kurze, aber fehlerfreie Kommunikation mit allen Beteiligten, also auch den Kommunen, besonders wichtig.
Jedoch habe der jährliche Trendreport von Prognos und dem Behörden Spiegel ergeben, dass weder das ursprüngliche OZG noch das nun erweiterte OZG-Änderungsgesetz die Verwaltung digital machten. Dazu brauche es die Registermodernisierung, wie Shayan Beland, Berater bei Prognos, erklärt. Zusätzlich brauche es auch eine größere Öffentlichkeitsarbeit, denn man könne noch so gut entwickelte Anwendungen haben – wenn die Bürger davon nichts wüssten, könne auch keine Wirkung erzielt werden. Ein gutes Beispiel sei hier die während bzw. nach der Corona-Zeit ausgerufene Einmalauszahlung an Studierende, die online beantragt werden musste. Durch dieses Verfahren hätten sich die Begünstigten zusätzlich mit der Anmeldung für das Portal und der Online-Ausweisfunktion beschäftigen müssen, wodurch auch die Nutzung in diesen Bereichen gesteigert worden sei.
Das OZG treibt nicht nur die Digitalisierung voran
Auch Hoffmann ist der Ansicht, dass die Registermodernisierung ein entscheidender Teil der Verwaltungsdigitalisierung ist. Denn die damit einhergehende Prozessstandardisierung hänge auch mit Wirtschaftsfaktoren und der Attraktivität von Deutschland als Standort zusammen. Daraus lasse sich für Kommunen ableiten, dass die Gemeinden, die digital weiter fortgeschritten seien, auch wirtschaftlich für Firmen attraktiver seien. Die Ansicht teilt auch Riege, für den „Digitalisierung ein Katalysator [ist], um den modernen Staat nach vorn zu bringen“. Denn in seinen Augen ist das schwächste Glied in der Verwaltung der Mensch. Ihm fehle der Überblick über die Flut von Daten und gerade hier könne lernende KI eine qualitative Verbesserung in der Arbeitsleistung der Mitarbeitenden erzielen. Auch das sei eine Chance, denn wenn man den Bürgern transparent zeige, was schon möglich sei, könne man „unsere Demokratie durch die moderne Verwaltung retten“, ist Riege überzeugt. Denn für ihn ist die Verwaltung ein „Kreativtempel“ in dem man vieles ausprobieren könne.
Insgesamt sei die Digitalisierung der Verwaltung natürlich eine Mammutaufgabe, doch wenn man mit kleinen Prozessen anfange, könnten diese eine große Hebelwirkung entwickeln, erklärt Schuster. Denn „wenn man vom Kleinen ins Große geht, macht auch die Umsetzung weniger Angst“.






 
                                    
