Ein historisches Finanzierungsdefizit, Personalmangel und bröckelnde Infrastruktur: Zum Tag des Öffentlichen Dienstes demonstrieren kommunale Spitzenverbände, Gewerkschaft und Politik Einigkeit bei der Frage, wie den Kommunen aus dem Problemsumpf zu helfen und ein funktionierender Staat zu gewährleisten ist.
5,4 Millionen Menschen waren im Juni 2024 im Öffentlichen Dienst in Deutschland angestellt. Damit arbeitete jeder achte Beschäftigte in einer Behörde – 1,8 Prozent mehr Menschen als im Vergleichsjahr 2023. Das geht aus kürzlich veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. Die leichten Personalzuwächse stimmen optimistisch, täuschen aber nicht über die Notwendigkeit hinweg, ins Handeln zu kommen, um für einen zukunftsfähigen Öffentlichen Dienst und eine funktionierende Demokratie zu sorgen.
„Der Sozialstaat ist eine unverzichtbare Säule der öffentlichen Daseinsvorsorge“, sagt die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Nötig sei dafür eine ausreichende personelle und infrastrukturelle Ausstattung. „Der Sozialstaat lebt vom Vertrauen in seine Fairness.“
Stellenpläne nach Kassenlage
Zur Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge gehört auch die effektive Kompensation des bestehenden und noch drohenden Fachkräftemangels. Die aktuelle Situation – beispielsweise in Feuerwehren und Kitas – ist allerdings alles andere als zufriedenstellend. „Stellenpläne für die Feuerwehr werden nach Kassenlage entschieden“, sagt Erik Brumm, Feuerwehrmann bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main und Mitglied im Verdi-Fachvorstand Feuerwehr. Damit Bürgerinnen und Bürgern die erforderliche Hilfe im Notfall erhalten, brauche es langfristige Personalkonzepte. Aktuell werde der Stellenmangel durch Mehrarbeit der Belegschaft kompensiert. Worst-Case-Szenarios, in denen Feuer nicht mehr gelöscht werden können, habe es dank der Einsatzbereitschaft der Mitarbeitenden bislang trotzdem nicht gegeben.
Im zivilen Bereich der Bundeswehr ist die Lage ähnlich prekär. So seien hier in den vergangenen Jahren rund 100.000 Tarifbeschäftigte abgebaut worden, erklärt Thorsten Schmidt, Verdi-Fachvorstand Bundeswehr. Wegen dieses enormen Stellenabbaus befinde man sich erst seit 2015/16 langsam wieder in einem Aufwuchs, vor allem Elektrotechniker im Gebäudebereich, aber auch Köche sowie Pflegekräfte für die Bundeswehrkrankenhäuser würden händeringend gesucht. Öffentlichen Arbeitgeber sollten sich allerdings nicht gegenseitig die Beschäftigten stehlen, sagt Schmidt.
Höhere Durchlässigkeit zwischen den Behörden
Marc Elxnat, Beigeordneter für Arbeitsmarktpolitik beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB), plädiert für eine höhere „Durchlässigkeit“ im Öffentlichen Dienst. Er hält zudem eine bessere Wertschätzung der Behördenarbeit für nötig, um die Attraktivität der Verwaltungsberufe zu steigern. Auch die amtierende SPD-Vorsitzende Saskia Esken verweist darauf, dass die Durchlässigkeit innerhalb der Behörden im Konsens und nicht im Wettbewerb zu geschehen habe. Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen müsse insgesamt „besser werden“.
Verbunden mit dem Bestreben, die Handlungsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes zu gewährleisten, ist auch die Beantwortung der offenen Finanzierungsfragen. Alexander Bätz, Vorsitzender des Bezirkspersonalrats der Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrtsbehörde, macht klar: „Mit der jetzigen Finanzierung wird es keine Verbesserung der Infrastruktur geben.“ Es würden lediglich Löcher gestopft. Nötig seien aber langfristige Verkehrswegeplanungen und überjährige Finanzierungen. „Die Infrastruktur wurde über viele Jahre kaputtgespart. Das fällt uns jetzt auf die Füße“, erklärt auch Swantje Michaelsen, Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags (Die Grünen). Um beim Klimaschutz voranzukommen, müssten ÖPNV und Bahn ausgebaut werden. Parallel gebe es aber auch einen hohen Sanierungsbedarf auf den Straßen. „Die Menge des Geldes, das wir in die Hand nehmen, wird nicht reichen“, so Michaelsen.
Sondervermögen löst die Probleme nicht
2024 hatten es bei den Kommunen mit 24 Milliarden Euro das höchste Finanzierungsdefizit überhaupt gegeben. Nun müsse man zunächst einmal abwarten, was von den 100 Milliarden aus dem Sondervermögen tatsächlich bei den Kommunen „hängen bleibe“, sagt Timm Fuchs, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. „Das Geld ist eine große Hilfe, aber es löst die Probleme nicht“, so Fuchs. Es brauche eine strukturelle Verbesserung der Kommunalfinanzen. Die Kommunen hätten ein Drittel der bundesweiten öffentlichen Ausgaben zu schultern, erhielten aber nur ein Siebtel der Einnahmen.
Zustimmung kommt an dieser Stelle von Michael Donth (CDU), Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags. Mit den neu aufgenommenen Schulden ließen sich die Probleme nur kurzfristig lösen, langfristig nicht. Die große Aufgabe bestehe nun darin, die bestehende Infrastruktur am Leben zu erhalten. „Dafür müssen wir als Erstes Prioritäten setzen“, so Donth.




