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StartRechtAssessmentverfahren vs. Dienstliche Beurteilung

Assessmentverfahren vs. Dienstliche Beurteilung

Art. 33 Abs. 2 GG verpflichtet den Dienstherrn dazu, bei Beförderungsentscheidungen im Beamtenverhältnis das Prinzip der Bestenauslese zu beachten.

Danach müssen die nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung am besten geeigneten Bewerberinnen und Bewerber ausgewählt werden. Grundlage der Entscheidung ist zunächst die letzte dienstliche Regelbeurteilung. Ob stattdessen auch die Ergebnisse eines Assessmentverfahrens – also eines strukturierten Interviews, einer Fallstudie oder eines computergestützten Tests – maßgeblich sein dürfen, ist differenziert zu beurteilen.

Zulässigkeit von Assessmentcentern im gestuften Auswahlverfahren

Die Eignung der sich bewerbenden Personen kann in einem gestuften Auswahlverfahren beurteilt werden. Auf einer ersten Stufe werden solche Bewerber ausgeschlossen, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder aus einem sonstigen Eignungsgrund nicht in Betracht kommen. Daneben werden Bewerber ausgeschlossen, die zwingende Vorgaben des rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen. Die ausgeschlossenen Personen sind nicht mehr in den Qualifikationsvergleich auf der zweiten Stufe einzubeziehen.

In der Praxis stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang Assessmentverfahren im Rahmen des gestuften Auswahlverfahrens herangezogen werden können. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13, Rn. 32 m.w.N.) hat die ergänzende Heranziehung weiterer Hilfsmittel neben der dienstlichen Beurteilung auf der zweiten Stufe – dem Qualifikationsvergleich – ausdrücklich gebilligt, wenn diese hinreichend dokumentiert und gerichtlich überprüfbar sind. Somit können auch Ergebnisse eines Assessmentverfahrens in die Entscheidung einfließen. Notwendig ist jedoch, dass auf Grundlage der dienstlichen Beurteilungen ein Qualifikationsgleichstand vorliegt oder eine abschließende Beurteilung nicht möglich ist. Neben dem Assessmentverfahren müssen immer auch andere Erwägungen in die Entscheidung einfließen.

Über die Zulässigkeit der Berücksichtigung von Assessmentverfahren bereits auf der ersten Stufe hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) kürzlich in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu entscheiden (Beschluss vom 20. Mai 2025 – 2 VR 3.25).

Die aktuelle Entscheidung des BVerwG

Der Antragssteller ist in der Besoldungsgruppe A 14 BBesO im Dienst der Antragsgegnerin tätig und seit August 2022 kommissarischer Sachgebietsleiter. In dieser Funktion nimmt er Führungsaufgaben sowie Aufgaben, die einem Dienstposten der Besoldungsgruppe A 15 BBesO zugeordnet sind, wahr.

Im September 2024 schrieb der Bundesnachrichtendienst drei mit der Besoldungsgruppe A 15 BBesO bewertete Dienstposten aus, darunter den vom Antragssteller kommissarisch wahrgenommenen Posten. Zwingende Voraussetzung für die Einbeziehung in das weitere Auswahlverfahren war neben der Befähigung zum Richteramt die erfolgreiche Teilnahme an einem Führungskompetenz-Assessmentcenter. Zu dem Assessmentverfahren wurden alle Bewerber eingeladen, die in der letzten Regelbeurteilung mit der Spitzennote sechs beurteilt wurden.

Da der Antragssteller das Assessmentcenter nicht bestanden hatte, wurde er im weiteren Auswahlverfahren nicht berücksichtigt.

Das BVerwG entschied, das Auswahlverfahren sei rechtsfehlerhaft verlaufen und habe den Antragssteller in seinen Rechten aus Paragraf 9 Abs. 1 BBG und Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die erfolgreiche Teilnahme an einem Assessmentcenter dürfe nicht zur zwingenden Voraussetzung der weiteren Einbeziehung in ein Auswahlverfahren gemacht werden

Art. 33 GG „(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“

Vorliegend sei Art. 33 Abs. 2 GG einschlägig, da die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens Vorwirkungen für eine nachfolgende Vergabe von Statusämtern habe, vgl. Paragraf 22 Abs. 2 BBG. Art. 33 Abs. 2 GG setze voraus, dass zwingende Voraussetzungen, die bei Nichterfüllung zu einem Ausschluss von dem weiteren Auswahlverfahren führen, anhand objektiv überprüfbarer Kriterien feststellbar seien und nicht dem Beurteilungsspielraum des Dienstherrn unterliegen. Insbesondere dürfe kein Wertungsspielraum bestehen, sondern die Nichterfüllung müsse in einem Ja-Nein-Schema beantwortbar sein.

Diesen Anforderungen werde ein Assessmentverfahren nicht gerecht. Die Prüfung der Führungskompetenz finde zwar in einem standardisierten Verfahren statt, sodass die objektive Feststellbarkeit gegeben sei. Sie stelle aber gleichzeitig eine Beurteilung durch den Dienstherrn dar. Deshalb dürfe das positive Ergebnis des Assessmentverfahrens nicht zur zwingenden Voraussetzung des Anforderungsprofils und der weiteren Berücksichtigung im Auswahlverfahren gemacht werden.

Assessmentverfahren setzen eine Bewertung durch den Dienstherrn voraus und können deshalb nicht auf der ersten Stufe des Auswahlverfahrens eingesetzt werden.

Außerdem fehle eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Einer solchen bedürfe es, da sich die Verfahrensgestaltung unmittelbar auf die Konkurrenzsituation und den Bewerbervergleich auswirke. Das Assessmentverfahren werde gerade nicht ergänzend herangezogen, sondern ersetze als Auswahlinstrument alle weiteren Entscheidungsgrundlagen vollständig, indem das Nichtbestehen für den Ausschluss vom Auswahlverfahren genüge. Auch Paragraf 33 Abs. 1 S. 3, 4 BLV sei vorliegend nicht einschlägig, da die Führungseignung bereits in der dienstlichen Beurteilung bewertet und somit für die Heranziehung eignungsdiagnostischer Instrumente kein Raum sei.

Keine Entschlackung des Beförderungsprozesses

Der Beschluss des BVerwG hat den Status der dienstlichen Beurteilung als wichtigstes Instrument des Dienstherrn im Rahmen von Beförderungsentscheidungen und der Personalentwicklung gestärkt. Die Entscheidung stellt einen wichtigen Orientierungsmaßstab für Dienstherren beim Einsatz von Assessmentverfahren dar.

Dienstherren müssen auch künftig ihre Entscheidung, welche Bewerber den Qualifikationsvergleich einbezogen werden, ausschließlich auf Grundlage der letzten dienstlichen Beurteilung treffen. Das BVerwG verpasst so die Möglichkeit, den beamtenrechtlichen Beförderungsprozess zu entschlacken, indem Bewerber ohne die notwendigen (Führungs-)Kompetenzen bereits auf erster Stufe ausscheiden.

Der Beschluss stellt jedoch auch klar, dass Assessmentverfahren ergänzend auf der zweiten Stufe des gestuften Auswahlverfahrens eingesetzt werden können. Hier tragen Assessmentverfahren sinnvoll zur weiteren Differenzierung zwischen im Wesentlichen gleich bewerteten Bewerber bei. Der Einsatz muss aber hinreichend dokumentiert werden.

Der Autor dieses Gastbeitrages ist Dr. Herbert Hertzfeld von der Küttner Rechtsanwälte Partnergesellschaft

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