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StartRechtStolperfalle Zustimmungsverweigerung des Personalrats: Wann ist sie tatsächlich unbeachtlich?

Stolperfalle Zustimmungsverweigerung des Personalrats: Wann ist sie tatsächlich unbeachtlich?

Immer wieder stehen öffentliche Arbeitgeber vor der Herausforderung, dass der Personalrat seine Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme zwar verweigert, aber die Begründung unklar, abstrakt oder kaum verständlich ist. Spätestens bei der Einleitung eines Stufenverfahrens stellt sich die Frage, ob eine solche Verweigerung nicht mit der Folge unbeachtlich ist, dass die Maßnahme wie beabsichtigt umgesetzt werden kann. Das spart erhebliche Ressourcen, aber vor allem Zeit. Vorschnell sollten Arbeitgeber hier allerdings nicht sein, da die Hürden – wie eine Entscheidung des OVG NRW vom 30. März 2023 (33 A 1890/21) deutlich zeigt – hier durchaus hoch liegen.  

Die Beteiligten streiten über die Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung, konkret zu der hier mitbestimmungsrelevanten Frage, ob eine Stelle zwingend auszuschreiben war. Das Mitbestimmungsrecht beruhe auf § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a.F. (nunmehr § 78 Abs. 1 Nr. 12 BPersVG). Der Dienstherr beabsichtigte einen schon bei ihm als Personalleiter Beschäftigten statusgleich auf einen neu geschaffenen Dienstposten „Bereichsleiter Personal“ umzusetzen, welcher ebenfalls der Tätigkeitsgruppe II zugeordnet ist. Insoweit beschloss er die Stelle unter Verzicht einer Ausschreibung dem Beschäftigten dauerhaft zu übertragen und beantragte die Zustimmung des Personalrats zu der Personalmaßnahme, insbesondere für den Verzicht der Ausschreibung.

Der Personalrat verweigerte die Zustimmung und begründete diese im Wesentlichen wie folgt: Zwar erfülle der Beschäftigte die Einstellungsvoraussetzungen, es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere, nicht näher bezeichnete Bewerber die passenden Kriterien für die Besetzung der Stelle erfüllen. Andere fachlich gute Beschäftigte sollten ebenfalls die Chance erhalten, sich um die genannte Stelle zu bewerben. Allein die Tatsache, dass ein passender Bewerber existiert, rechtfertige nach Auffassung des Personalrats nicht den Verzicht auf die Ausschreibung der Stelle. Auch der Hinweis darauf, bei dem Beschäftigten handele es sich um einen „Statusbewerber“, rechtfertige nicht ausnahmsweise den Verzicht auf die Stellenausschreibung. Der Dienstherr legte die Angelegenheit zur Einleitung des Stufenverfahrens vor, welche die Zustimmungsverweigerung des Personalrats als unbeachtlich einstufte. In der Folge führte der Dienstherr die Personalmaßnahme wie beabsichtigt durch.

Der Personalrat leitete hiergegen ein Beschlussverfahren ein und führte an, die Zustimmungsverweigerung sei sehr wohl beachtlich. Die Stelle müsse ausgeschrieben werden, da Gründe für ein Absehen von der Stellenausschreibung nicht vorliegen. Der Dienstherr sei hier nach seiner durchgängigen, an dem Handbuch Personalrecht/Gremien Teil 1. 2 „Ausschreibung und Besetzung von Dienstposten“ orientierten Verwaltungspraxis zur Ausschreibung verpflichtet. Das Verwaltungsgericht gab dem Personalrat Recht.

Die Entscheidung des OVG NRW

Mit der Entscheidung bestätigt das OVG den stattgegebenen Beschluss der ersten Instanz und weist die Beschwerde zurück. Der Dienstherr habe das Mitbestimmungsrecht des Personalrats aus § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a.F. dadurch verletzt, dass er ohne dessen Zustimmung und ohne Durchführung des Stufenverfahrens von der Ausschreibung der Stelle eines Bereichsleiters abgesehen hat. Nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a.F. (nunmehr § 78 Abs. 1 Nr. 12 BPersVG) hat der Personalrat mitzubestimmen über das Absehen von der Ausschreibung von Dienstposten, die besetzt werden sollen.

Praxishinweis: Das Mitbestimmungsrecht sieht vor, dass zu besetzende Stellen üblicherweise ausgeschrieben werden sollen. Eine grundsätzliche Verpflichtung zur Ausschreibung folgt aus dem Wortlaut des Mitbestimmungsrechts aber nicht, sondern kann sich nur aus Rechts- oder Verwaltungsvorschrift ergeben oder auf ständiger Verwaltungspraxis beruhen (BVerwG, Beschluss vom 14.01.2010 – 6 P 10/09).

Entgegen der Ansicht des Dienstherrn sei die Zustimmungsverweigerung vorliegend nicht unbeachtlich gewesen. Zur Erfüllung der einschlägigen Begründungserfordernisse müsse die Zustimmungsverweigerung des Personalrats bestimmten Mindestanforderungen genügen. Angesichts des Katalogs gesetzlich zugelassener und abschließend geregelter Verweigerungsgründe sei zu unterscheiden zwischen (1) einer Zustimmungsverweigerung, die keine Begründung enthält, und (2) einer solchen, die den Begründungserfordernissen (mittlerweile in § 78 Abs. 5 BPersVG normiert) nicht genügt und deshalb unbeachtlich sei. Letzteres kann der Fall sein, wenn sie entweder (objektiv) das Vorliegen eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrunds als nicht möglich erscheinen lässt (sog. Möglichkeitstheorie) oder aber aus sonstigen (subjektiven) Gründen rechtsmissbräuchlich sei.

Das OVG macht zudem deutlich, dass an die vorgenannten Voraussetzungen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürften, da „Personalräte oftmals mit juristisch nicht vorgebildeten Beschäftigten besetzt sind und die Stellungnahme innerhalb einer kurzen Frist abgegeben werden muss.“

Ausgehend von diesen sehr niedrigen Begründungsanforderungen hält es das OVG zumindest für möglich, dass die in Anspruch genommenen Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BPersVG a.F. (nunmehr § 78 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 BPersVG) gegeben sind. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Verwaltungsanordnung komme eine Verletzung der Vorgaben aus dem Handbuch in Betracht. Auch liege es nicht von vornherein und eindeutig außerhalb des Zustimmungsverweigerungsgrunds nach Nr. 1, dass die Ausschreibung dazu genutzt werden solle, den Bewerberpool zu vergrößern. Mit dieser Argumentation ist aus Sicht des OVG auch eine Zustimmungsverweigerung nach Nr. 2 grundsätzlich möglich. Das Gericht vertritt damit die Ansicht, dass es zumindest möglich erscheint, dass das eingeräumte Ermessen des Dienstherrn fehlerhaft ausgeübt wurde, indem die Stellenvergabe ohne Ausschreibung erfolgt ist.

Fazit und Praxisfolgen

Das OVG NRW hat mit seiner Entscheidung die Rechtsposition des Personalrats gestärkt, auch wenn die allgemeinen Rechtssätze bereits bekannt waren. Entscheidend ist, wie großzügig die Möglichkeitstheorie ausgelegt wird. Bei dem Verständnis des 33. Senats des OVG NRW ist für die mitbestimmungsrechtliche Praxis zu konstatieren, dass nahezu jede auch nur irgendwie begründete Zustimmungsverweigerung beachtlich ist. Jedenfalls aus der veröffentlichten Entscheidung geht zudem nicht klar hervor, ob der Personalrat sich in seiner Zustimmungsverweigerung tatsächlich auf eine Verletzung der Vorgaben aus dem Handbuch berufen hat. Letzteres wäre – anders als die bloße Vergrößerung des Bewerberpools – ein zumindest greifbarer und nachvollziehbarer Einwand. Im Übrigen wird auch vom Personalrat erwartet werden können, dass er in wenigen Sätzen maßgebliche Einwände und womöglich berührte Mitbestimmungsrechte nennt. Mit den kurzen Fristen zur Rückmeldung (im Regelfall immerhin zehn Arbeitstage, § 70 Abs. 3 S. 1 BPersVG) und fehlender juristischer Expertise ist eine gegenteilige Auffassung nur schwer zu begründen.

Im Ergebnis bedeutet die Entscheidung für öffentliche Arbeitgeber allerdings, dass eine erklärte Zustimmungsverweigerung in Personalangelegenheiten sehr wohlwollend unter Berücksichtigung von § 78 Abs. 5 BPersVG zu prüfen ist. Um Verletzungen des Mitbestimmungsrechts zu vermeiden, ist insbesondere bei Angabe einer Begründung zu prüfen, ob nicht das Vorliegen eines der dort genannten gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes zumindest als möglich erscheint. Die Durchführung der Maßnahme mit dem Hinweis auf die Unbeachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung dürfte daher die Ausnahme bleiben.

Der Autor des Gastbeitrags ist Dr. Michel Hoffmann, LL.B. von der Küttner Rechtsanwälte Partnergesellschaft.

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