- Anzeige -
- Anzeige -
- Anzeige -
StartRechtNachrichtendienste: Das ändert sich mit der Reform

Nachrichtendienste: Das ändert sich mit der Reform

Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind die Übermittlungsvorschriften für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), den Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) neu zu fassen.

Neue, grundrechtsschonende und verfassungsfeste Rechtsgrundlagen: Damit sollen künftig das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) qua Gesetzesnovelle ausgestattet werden. Dies geht auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 2022 zurück, der nach einer Verfassungsbeschwerde gegen das Bayerische Verfassungsschutzgesetz gefasst wurde. Demzufolge waren die Übermittlungsvorschriften für die Behörden bis zum 31. Dezember 2023 neu zu fassen.
Als Konsequenz aus dem Urteil hat der Bundestag bislang zwei Gesetzesentwürfe zur Novellierung des Bundesverfassungsschutzgesetzes und des Bundesnachrichtendienstgesetzes aufgesetzt. Der erste Entwurf zur Neufassung der Übermittlungsvorschriften wurde 2023 verabschiedet, die zweite, grundlegendere Reform soll bis Ende dieses Jahres umgesetzt werden. Nun weisen im Vorfeld der zweiten Gesetzesnovellierung Mitglieder des Bundestags auf die Dringlichkeit der juristischen Novellierung hin – mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung.


Hohe Priorität in aktueller Sicherheitslage
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, bekräftigte gegenüber dem Behörden Spiegel: die Reform des Nachrichtendienstrechts besitze für seine Partei insbesondere inmitten der aktuellen internationalen Sicherheitslage eine „extrem hohe Priorität“. „Wir werden alles dafür tun, unsere Nachrichtendienste mit effektiven Befugnissen und verfassungskonformen Rechtsgrundlagen auszustatten“, sagte er. Wesentliche Inhalte der zweiten Reform müssten sein: Nachrichtendienstliche Befugnisse sollten „abschließend im Gesetz genannt, nach Eingriffstiefe sortiert und mit Schwellen versehen werden“. Zudem halte er eine Vorabkontrolle für alle eingriffsintensiven Maßnahmen für essenziell.
Ob die Zuständigkeiten von BfV und BND mit der anstehenden Gesetzesreform hinreichend voneinander abgegrenzt werden, bleibe hingegen abzuwarten, ergänzte er.
Der Vorsitzende des CDU-Bundesfachausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik, Roderich Kiesewetter, betrachtet die bereits vollzogene erste Reform des Nachrichtendienstrechts kritisch. Mit dem Gesetz seien „die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten beschränkt, die Übermittlung personenbezogener Daten durch unsere Dienste an Polizeien und Staatsanwaltschaften erschwert sowie die Schwelle durch Erfordernisse von Konkretisierung der Gefahr erhöht“ worden. Dies mindere „den gesamtgesellschaftlichen Schutz“.
Aus der Sicht von Kiesewetter ist eine Bedrohungsgesamtrechnung nötig, von der aus „man die Erforderlichkeiten für technische Nachrichtengewinnung, rechtliche Befugnisse und Personal ableitet. Grundsätzlich müssen wir die strukturelle, finanzielle wie personelle Ausstattung der Nachrichtendienste und die Gesetzeslage an die breitere Bedrohungslage anpassen“, ergänzte er. Dazu gehörten technische Fähigkeiten und Aufklärungstools „insbesondere im Bereich der Aufklärung von Finanzströmen, Cyber-Schutz und resiliente und sichere Kommunikationswege“.


Verschwimmende Zuständigkeiten angesichts hybrider Bedrohungen
Die Zuständigkeiten von BfV und BND würden angesichts hybrider Bedrohungen immer mehr verschwimmen, von einer Überregulierung rät Kiesewetter aber ab: „Vielmehr gilt es, die Zusammenarbeit unter den Diensten, auch unter den Verfassungsschutzämtern der Bundesländer, sowie Datenübermittlungen und -austausch zwischen den Diensten und mit den Sicherheitsbehörden zu erleichtern.“ Aus Behördenkreisen ist auch zu vernehmen, dass eine Novelle nicht zu Einschränkungen der aktuellen Befugnisse im BfV führen dürfe.
Dr. Gerhard Conrad vom Gesprächskreis Nachrichtendienste e. V. (GKND) dringt indes darauf, dass alle Neuregelungen die Faktoren Handlungssicherheit, Handlungsfähigkeit und Agilität der Dienste in Zeiten dynamischer Bedrohungen berücksichtigen müssten. Vorab- und Verlaufskontrollen dürften nicht auf Kosten des operativen und analytischen Stammpersonals gehen. Hier sei personell vorausschauend zu planen.
Im Dezember 2022 wurde infolge des BVerfG-Beschlusses das Bayerische Verfassungsschutzgesetz geändert. Seitdem ist die „Beobachtungsbedürftigkeit“ verfassungsfeindlicher Bestrebungen nach ihrer Dringlichkeit in mehrere Stufen eingeteilt sowie den Befugnissen des Verfassungsschutzes zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gemäß „ihrer jeweiligen Eingriffstiefe zugeordnet“.
Gegen das überarbeitete bayerische Verfassungsschutzgesetz legte kürzlich der gemeinnützige Verein Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Klage ein – konkret richtet sich die Klage gegen eine Regelung, nach der personenbezogene Informationen an Arbeitgeber oder Vermieter weitergegeben werden dürfen. Bislang wurde über die Verfassungsbeschwerde aber noch nicht entschieden. Im Januar dieses Jahres zog das Bundesland Sachsen nach und brachte eine auf dem BVerfG-Beschluss basierende Novellierung des sächsischen Verfassungsschutzgesetzes in den Landtag ein.

Unter dem Motto „leistungsstark und legitim“ widmet sich am 17. und 18. Oktober 2024 die Nachrichtendienstkonferenz des Behörden Spiegel den deutschen Diensten in der Zeitenwende. Hier ist eine Anmeldung möglich.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein