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Wie die Hauptstadt in Geiselhaft genommen wird

Joe Biden ist zwei Tage in Berlin, und die Hauptstadt ist im Ausnahmezustand. Da dies nicht der erste Staatsbesuch in diesem Jahr mit maximalen Sicherheitsvorkehrungen ist, zeigt sich unser Redakteur Paul Schubert zunehmend genervt. Ein Kommentar.

Ende der letzten Woche fand die vom Behörden Spiegel organisierte Nachrichtendienst-Konferenz statt. Veranstaltungsort war das Hotel Adlon am Brandenburger Tor. Die Veranstaltung fiel zeitlich mit dem Besuch des US-Präsidenten Joe Biden zusammen. US-Präsidenten haben bei ihren Berlin-Besuchen häufiger das Luxushotel für ihre Übernachtungen gewählt. Für die Planung unseres Kongresses sorgte das für Anspannung – hätte Biden tatsächlich im Adlon übernachtet, wären enorme organisatorische Herausforderungen entstanden. Einen Tag vor der Anreise des Präsidenten dann die Entwarnung: Biden übernachtet in einem anderen Hotel in der Berliner Innenstadt – Mini-Krise abgewendet.

Dass einen Tag vor dem Besuch eines hohen Staatsoberhauptes die Reisepläne des Gastes weitestgehend unbekannt sind, ist nicht ungewöhnlich. Auch der öffentliche Nahverkehr in Berlin ist bei derartigen Besuchen stark eingeschränkt. Da das Berliner Verkehrsunternehmen nicht mehr als wir wusste, gab es einen Tag vor Bidens Besuch nur die Mitteilung: Es wird Einschränkungen auf allen S-Bahn-Linien in Berlin geben. Lediglich wenige Stunden vorher konnten die Hinweise aktualisiert werden. Letztendlich waren nur wenige Bahnlinien von Bidens Besuch betroffen.

Für Pendlerinnen und Pendler kam das natürlich zu spät. Die meisten wollten vorher wissen, wie sie zu ihrem Arbeitsplatz kommen. Dementsprechend stiegen viele, wenn möglich, auf Auto oder Fahrrad um – gestiegene Fahrtzeiten inklusive.

Nicht der erste Besuch eines Staatsoberhauptes in diesem Jahr

Die gleichen Probleme ergaben sich bereits vor knapp zwei Wochen, als der ukrainische Präsident Selenskyj zu Gast war. Er war bereits im Juni zur Ukraine Recovery Conference und im Februar zu einem Besuch im Kanzleramt gewesen.

So wichtig und richtig die Besuche von Staatsoberhäuptern mit höchster Sicherheitsstufe wie Biden und Selenskyj sind, so ermüdend sind sie für die Stadt Berlin. Denn: Die Stadt wird für diese Besuche quasi in Geiselhaft genommen. Neben den Pendlerinnen und Pendlern sind insbesondere die Sicherheitsbehörden in höchster Alarmbereitschaft.

Für den Besuch von Selenskyj und Biden war das Bundeskriminalamt involviert. Durch die strengen Sicherheitsvorkehrungen mussten Gullydeckel versiegelt, Versammlungen verboten und Parkverbote ausgesprochen werden.

Mir als Berliner stellt sich in diesem Kontext die Frage: Muss das sein? Warum wählt man für derartige Staatsbesuche die Hauptstadt als Zielort, wo die Herausforderungen für Bevölkerung und Sicherheitsbehörden immens sind?

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel empfing ihre Staatsgäste häufiger im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg, etwa 70 Kilometer nördlich von Berlin. Die Vorbereitungen hierfür wären – im Vergleich zur größten Stadt Deutschlands – deutlich überschaubarer.

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