Wie abhängig ist Deutschlands Verwaltung von großen US-Herstellern und wie lässt sich diese Situation nachhaltig verändern? Ein neues Whitepaper des cyberintelligence.institute (CII) präsentiert Lösungsansätze – pünktlich vor dem deutsch-französischen Souveränitätsgipfel.
Das von Michael Kolain, Senior Fellow am CII, erstellte Whitapaper „Hindernisse auf dem Weg zu einer souveränen Cloud-Infrastruktur der deutschen Verwaltung“ fokussiert sich auf den Anbieter, der nicht nur in Deutschland, sondern weltweit – sei es in der Verwaltung oder der Wirtschaft – eine prägende Rolle einnimmt: Microsoft. Die Vormachtstellung des US-Konzern sei „kartellrechtlich problematisch“, erklärt Kolain im Pressegespräch. Zudem gebe es hierzulande kaum Transparenz, was die Lizenzkosten betrifft. Andere europäische Staaten wie Frankreich oder Spanien agierten in diesem Bereich hartnäckiger. Ab 2029 wolle Microsoft seine Produkte nur noch Cloud-basiert anbieten, blickt Rechtswissenschaftler Kolain voraus. Damit würde der Staat die Kontrolle über seine Daten noch ein Stück weit mehr aufgeben.
Pionierarbeit statt Zurücklehnen
Kolain betont, dass es ihm nicht „Microsoft-Bashing“ gehe. Vielmehr diene das Unternehmen als Beispiel, an dem sich Deutschlands fehlende Souveränität deutlich aufzeigen ließe. Die Annahme, Microsoft sei aufgrund seiner Marktmacht und seiner Ressourcen die sicherste Variante, bezeichnet Kolain als „Mär“. Nicht zuletzt habe ein globaler, mit dem Unternehmen in Zusammenhang stehender IT-Ausfall wir der von Crowdstrike gezeigt, dass dem nicht so sei. Als Positivbeispiel in Deutschland führt der Autor des Whitepapers das Land Schleswig-Holstein an. Dieses hat seine öffentliche IT von MS Office auf Libra Office umgestellt, Thunderbird und Open Exchange anstelle des MS Exchange Servers in seiner Verwaltung etabliert und nutzt die von Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) entwickelte Lösung openDesk. Für dem Volljuristen Kolain eine „Pionierarbeit“, die auch andere Länder inspirieren könne.
Souveräne Beschaffung
Am 18. November findet in Berlin der „Summit on European Digital Sovereignty“ statt – ein Gipfel zur Zukunft von Europas digitaler Souveränität, an dem Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron teilnehmen. Der für Kolain optimale Ausgang dieses Treffens: dass Merz und Macron sagen „Wir steigen bis 2030 aus der Microsoft-Abhängigkeit aus“ – und dass die beiden wirtschaftsstarken Nachbarstaaten eigene, deutsch-französische Lösungen entwickeln. Bis dahin warnt Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker, Research Director des CII, vor einer seiner Beobachtung nach immer noch vorherrschenden „Zurücklehn-Mentalität“ in Verwaltungen und Unternehmen. Diese sei zum Teil einer abstrakten Vorstellung von digitaler Souveränität geschuldet. Dabei gehe es konkreter: „Digitale Souveränität ist ein Beschaffungsprozess. Jede einzelne Beschaffung ist eine Entscheidung für oder gegen digitale Souveränität“, so Kipker.





