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Satellitenkommunikation mit Iris2, Hessen und Baden-Württemberg

Mit 2,4 Milliarden Euro fördert die Europäische Union (EU) in den nächsten vier Jahren den Aufbau eines Satellitenkommunikationsnetzes. Die Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg, aber auch die deutsche Industrie wollen von dem Vorhaben profitieren.

„Iris2“ heißt das Projekt. Das steht für „Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten“. Ziel ist, über die europäische Raumfahrtagentur EAS eine Satellitennetz im erdnahen Orbit zu betreiben. Dies soll eine sichere Breitbandversorgung für Verwaltung, kritische Infrastrukturen und Bürgerinnen und Bürger aus dem All gewährleisten. Damit will die EU ein Kommunikationsnetz aufbauen, das auch beim Versagen terrestrischer Infrastrukturen im Krisenfall weiter funktioniert..

Die EU verfolgt dabei zwei strategische Ziele. Einerseits will sie die Abhängigkeit europäischer Nutzerinnen und Nutzer von amerikanischen Anbietern reduzieren. Iris2 soll dementsprechend Dienste anbieten, die funktional mit  Starlink, das Tesla-Milliardär Elon Musk gehört, und anderen sogenannten Mega-Konstellationen mithalten können. Andererseits will man den durchaus vorhandenen europäischen Satelliten- und Raketenherstellern Chancen eröffnen. Denn die erdnahen Orbits sind schon ziemlich voll mit nicht-europäischen Satelliten. Solange es noch geht möchte die EU noch Plätze reservieren.

Anschluss für den ländlichen Raum

Hessen und Baden-Württemberg sehen in dem Projekt Chancen. Die hessische Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus betont die Bedeutung für die krisensichere Kommunikation von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Der Blackout – ein flächendeckender und über mehrere Tage anhaltender Stromausfall – sei nicht weit weg. Wie man im Ahrtal gesehen habe, könne die Kommunikation dann nur noch per Satellit aufrecht erhalten werden.

Doch sie und ihr Kollege Ministerialdirektor Stefan Krebs, der CIO/CDO von Baden-Württemberg, kooperieren noch aus einem anderen Grund. „In Baden-Württemberg haben wir frühzeitig erkannt, welches Potenzial sich hinter der Satellitenkommunikation für eine flächendeckende Breitband- und Mobilfunkversorgung verbirgt“, sagt der CIO. Natürlich sei terrestrische Glasfaser die erste Wahl. Doch Satellitenkommunikation solle „in den am stärksten unterversorgten Gebieten eine schnelle und praktikable Übergangslösung schaffen. Ziel ist es, dass die Menschen im Land überall die gleichen Chancen auf gigabitfähige Netze haben.“ Auch in Hessen teilt man diesen Ansatz.

Glasfaser ersetzen?

Aber wird Satellitenkommunikation einmal die Glasfaser ersetzen? Industrievertreterinnen und -vertreter sind sich uneins. Von einer „disruptiven Technologie“ spricht Stefan Wachter vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI). Die Situation erinnere ihn an den Beginn der Elektromobilität. Industrie und Politik sollten sich auf eine grundlegende Veränderung der Kommunikationsinfrastruktur einstellen.

Dagegen sieht Hubert Einetter, der Geschäftsführer der Gesat GmbH, die Zukunft der Satelliten-Technologie auch weiterhin eher als Ergänzung zur terrestrischen Versorgung – insbesondere in Krisensituationen. Die Gesat selbst bietet Satellitendienstleistungen an, die speziell auf die Aufrechterhaltung der Kommunikation im Blackout zugeschnitten sind. Nick Kriegeskotte, vom Verband der Digitalwirtschaft Bitkom e.V., stimmt ihm zu. Satellitentechnologie  werde nicht zur Disruption der Kommunikationswege führen.

Markus Schneider von der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen (ZPD) steht gerade vor den Verhandlungen zum Aufbau eigener Satellitendienste für die niedersächsische Polizei. Die Polizei wolle das non-terrestrische Breitbandangebot als eine Redundanz für Katastrophenlagen nutzen. Aber auch bei lokalen Großlagen wie Festivals will die Polizei  auf Satelliten ausweichen können, falls der terrestrische BOS-Digitalfunk überlastet ist. Dass Satellitenkommunikation die Anforderungen der Polizei erfüllt, wurde in Labor und Praxis getestet. Jetzt müsse sich zeigen, ob die Polizei und der einzige Bieter sich im Verhandlungsverfahren auf einen Vertrag einigen können.

Konkurrenz mit Frankreich

Deutschlands Weltraumindustrie zeigt sich erfreut über Iris2, ebenso wie über das Interesse aus Hessen und Baden-Württemberg. Denn Satelliten müssten ins All gebracht werden, betont Sabine von der Recke, Vorständin beim Bremer Raumfahrtunternehmens OHB Systems AG. Aber sie weist auch darauf hin, dass Frankreich dem Projekt deutlich mehr Geld zur Verfügung stelle als Deutschland. Dies werde automatisch eine stärkere Berücksichtigung der französischer Unternehmen zur Folge haben. Dabei stütze die französische Industriepolitik sowieso die Beauftragung heimischer Unternehmen stärker als die Deutsche. Zwar fördere Deutschland Studiengänge und Start Ups mit Raumfahrtbezug, das vorhandene Ökosystem brauche mehr staatliche Aufträge. Auf den Einwand, dass das Vergaberecht nicht auf Start Ups ausgelegt sei, sagt die ausgebildete Politikwissenschaftlerin: „Das Vergaberecht kann man ändern, wenn man will.“

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