Der Wunsch nach technischer Weiterentwicklung innerhalb der deutschen Sicherheitskräfte ist groß. Das kriminelle Milieu schöpft dagegen schon lange aus dem Vollen der technischen Möglichkeiten – ganz ohne Restriktion und mit viel Professionalität. In der Aufholjagd fehlt es der Polizei neben dem richtigen Werkzeug auch an genügend spezialisiertem Personal.
Der Polizist oder die Polizistin der Zukunft ist in erster Linie ein Mensch. Er bewegt sich im öffentlichen Raum und im Rahmen der Kriminalpolizei. Der in sein Einsatzfahrzeug steigt und eine direkte Verbindung zu seinem Smartphone hat. Der sich auf dem Weg zum Einsatz alle notwendigen Informationen auf dem Bildschirm des interaktiven Funkstreifenwagens anzeigen lässt. Der Polizist der Zukunft trägt eine einheitliche Uniform und nutzt, wie seine Kolleginnen und Kollegen ein einheitliches Smartphone. Er ist digital vernetzt, und zwar bundesweit. So kann er auf alle notwendigen Daten zugreifen und im Bereich der Kriminalpolizei zu jeder Zeit erfahren wo sich die relevanten Personen und Gefährder deutschlandweit aufhalten.
Dieses noch utopische Bild malte Alexander Poitz, Stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) beim diesjährigen digitalen Polizeitag. „Das sind grundsätzlich keine großen Neuerungen, da ein Großteil der Regelungen schon bestehen“, betonte Poitz. Die Frage sei nun, „setzten wir das auch um und haben wir die technologische Unterstützung das zu machen“. Aktuelle gebe es sowohl strukturelle, technische als auch personelle Defizite. „Bei dem derzeitigen und zunehmenden Massenanfall von Daten und einer dünnen Personalsituation von IT-Fachkräften […] muss gänzlich nachjustieret werden“, mahnte Poitz. Die Polizei stehe vor allem bei der Personalgewinnung im Wettbewerb mit IT-Unternehmen und sei hierbei nicht attraktiv genug.
Individuelle Probleme und Lösungen
Auch Lars Oeffner, stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Cybercrime und digitale Kompetenzen im Landeskriminalamt Schleswig-Holstein, kommentierte die fehlende Attraktivität der Sicherheitsbehörden als Arbeitgeber. Insbesondere mangele es an ausreichender Flexibilität. „Wir sind ein zu starrer Personalkörper“, hob Oeffner hervor. Angebote wie beispielsweise Dienstsport auch für Tarifbeschäftigte oder individuelle Zulagen seien nicht umsetzbar. Dies liege insbesondere an der vorherrschenden Vorstellung, alle Angestellten müssten gleich betrachtet werden.
„Es heißt dann immer, wenn dann nur für alle. Das macht Probleme“, stellte der Kriminaloberrat klar. So gebe es durchaus auch gut besetzte Stellen innerhalb der Polizei. Und zwar diese, die nicht mit der freien Wirtschaft konkurrierten. Als Beispiel nannte Oeffner hier den Informatiker, der im Bereich der Cyber-Kriminalität mitarbeite. „Das sind spannende Bereiche, die man so draußen nicht findet. Da herrscht eine hohe Arbeitszufriedenheit und dann wird auch weniger Geld in Kauf genommen“. In anderen mit der Wirtschaft konkurrierenden Bereichen – wie beispielsweise dem IT-Support – gehe es dann am Ende doch wieder ums Geld.
Sinnvoll ausgebildete Polizistinnen und Polizisten speziell in den digitalen Arbeitsbereichen – wie der digitalen Forensik oder der Datenanalyse – stellten somit ein rares Gut dar, lautete der Tonus der Veranstaltung „Digitaler Polizeitag“. Nicht nur in der Personalgewinnung oder dem Halten des Personals wurden Defizite sichtbar. Auch im Bereich der Aus- und Fortbildung kritisierte Dirk Peglow, der Bundesvorsitzende des Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), fehlende individuelle Möglichkeiten. „Wir haben in der polizeilichen Architektur außerhalb der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) nicht die Möglichkeiten Fachkarrieren zu befördern“, erklärte Peglow. Für Polizistinnen und Polizisten, die den Wünsch hätten sich fachlich zu spezialisieren, müsste die Polizei Fortbildungs- und auch Aufstiegsmöglichkeiten schaffen. „Das sind die Zukunftsvisionen, die ich habe“, sagte der BDK-Vorsitzende und bezog sich dabei speziell auf den IT-Bereich.
In der Ausbildung fehle es zudem an einer gewisse Standardisierung, betonte Prof. Dr. Wilfried Honekamp, Leiter des Polizeitechnischen Instituts an der DHPol. Er plädierte darauf, in allen Bundesländern und Polizeistellen einen gemeinsamen Mindeststandard und eine „vernünftige Grundausbildung“ einzuführen. Zwar seien bereits 2015 Basiskompetenzen für die Arbeit im Bereich Cybercrime und in der digitalen Auswertung von Daten definiert worden, diese müssten nun jedoch nachjustiert und auch verpflichtend deutschlandweit eingeführt werden.
(Keine) Hoffnung durch digitale Jugend
Auch auf eine eigenständige Verbesserung der aktuellen Situation durch das Dazustoßen einer neuen Generation an Polizeibeamtinnen und -beamten könne nicht gesetzt werden, erklärte Christoph Andörfer, Kriminalhauptkommissar bei der Polizei München. An der aktuell noch fehlenden Expertise vieler Polizistinnen und Polizisten hätten auch die sogenannten Digital Natives keinen positiven Einfluss. „Die Masse der jungen Leute sind reine User“, klärte Andörfer weiter auf. Sie besäßen zwar Fähigkeiten in der Verwendung von Smartphones oder anderen technischen Geräten, jedoch nehme das Verständnis für die dahinter liegende Technik immer weiter ab. Mehr Flexibilität, eine gewisse Standardisierung und die Möglichkeit zur Spezialisierung – die Lösungen, um Polizistinnen und Polizisten für technischen Herausforderungen der Zukunft zu wappnen scheinen somit sehr vielfältig.