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StartRechtKeine wiederholte Nachforderung von Eignungskriterien

Keine wiederholte Nachforderung von Eignungskriterien

Die Vergabekammer Niedersachsen hat sich am 04.07.2024 in einem Beschluss mit der Erfüllung von Eignungskriterien beschäftigt (VgK-13/2024). Kern der Entscheidung war, dass keine Pflicht zur wiederholten Nachfrage bzgl. Eignungskriterien besteht.

  1. Maßgeblich für die Eignungsprüfung sind allein die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und die dort für ihren Beleg geforderten Nachweise
  2. Eignungskriterien sind eindeutig und abschließend zu beschreiben
  3. Der öffentliche Auftraggeber ist an die von ihm wirksam geforderten Eignungsnachweise gebunden
  4. Erfüllt ein Bieter zulässige und auftragsangemessene Eignungsanforderungen nicht, wird er wegen fehlender Eignung ausgeschlossen

Falscher Nachweis

Der Antragsgegner (AG) hat die Beförderungen von SchülerInnen durch Kraftfahrzeuge im EU-weiten offenen Verfahren ausgeschrieben. In der EU-Bekanntmachung war unter Ziffer 2.1.6 „Ausschlussgründe: Schwere Verfehlung“ u.a. Folgendes gefordert:

Nachweis über die Erlaubnis zur Berufsausübung. Der Nachweis kann durch die Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister oder auf andere Weise (z.B. Gewerbeanmeldung oder Genehmigung nach § 47 und/oder § 49 PBerfG) erbracht werden. Der Nachweis ist mit Angebotsabgabe vorzulegen.“

Die benannte Anforderung befand sich zudem auch in der Bekanntmachung unter Ziffer 5.1.9 in der Rubrik „Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ sowie in Punkt A 1 der ergänzenden Vertragsbedingungen.

Die Antragstellerin (ASt) reichte form- und fristgerecht ein Angebot ein. Danach forderte der AG die ASt über die Vergabeplattform zur Nachreichung eines Nachweises über die Erlaubnis zur Berufsausübung auf. Die ASt antworte noch am selben Tag mit dem Hinweis, den Handelsregisterauszug jetzt zu übersenden, und entschuldigte sich zudem dafür, dass dieser nicht bereits bei Angebotsabgabe vorlag. Bei dem sodann von ihr eingereichten Registerauszug handelte es sich jedoch nicht um den der ASt selbst, sondern um den eines anderen Unternehmens, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls der Geschäftsführer der ASt ist.

Daraufhin teile der AG der ASt mit Informationsschreiben gem. § 134 GWB ihren Verfahrensausschluss mit. Die ASt habe die geforderten Unterlagen weder mit der Angebotsabgabe noch entsprechend der Nachforderung rechtzeitig vorgelegt.

Dies wurde von der ASt gerügt. Trotz ihrer vor Fristablauf geäußerten Bitte, sie wissen zu lassen, wenn der AG noch was benötige, habe sie keine Rückmeldung hinsichtlich eines falsch eingereichten Nachweises innerhalb der ihm gesetzten Frist erhalten. Als Bieter hätte sie darauf vertrauen dürfen, dass der AG einen solchen Hinweis gebe.

Der Rüge wurde vom AG nicht abgeholfen, woraufhin die ASt einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer einreichte.

Hierzu führte sie aus, dass ein Ausschluss wegen der Nichtvorlage von Nachweisen zur Erlaubnis der Berufsausübung voraussetze, dass die Forderung dieser auch wirksam bekannt gegeben wurde. Als Bieterin habe die ASt an keiner der Stellen, an denen die Nachweise gefordert werden, damit rechnen müssen, dass dort Anforderungen zur Erlaubnis der Berufsausübung aufgestellt werden. Sie habe daher darauf vertrauen dürfen, dass Anforderungen an die Eignung bzw. die Forderung diesbezüglicher Nachweise an der dafür vorgesehenen Stelle in der Bekanntmachung aufgeführt werden.

Der AG führt hingegen an, dass die Bieter durch die Auftragsbekanntmachung in der Lage waren, die Forderung nach einem Nachweis der Erlaubnis zur Berufsausübung leicht zu erkennen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein Bieter trotz der klaren Formulierungen, nicht erkennen konnte, dass ein Nachweis zur Berufsausübung erbracht werden soll.

Entscheidung der Vergabekammer

Der Nachprüfungsantrag blieb erfolgslos. Die Vergabekammer entschied, dass der Nachprüfungsantrag unbegründet ist. Die ASt ist weder durch den Ausschluss noch durch die Forderung eines Nachweises über die Erlaubnis der Berufsausübung in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt.

Der AG war nicht nur zu einem Ausschluss der ASt berechtigt, sondern auch gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV verpflichtet. Erfüllt ein Bieter zulässige und auftragsbezogene Eignungsanforderungen nicht, wird er wegen fehlender Eignung ausgeschlossen.

Maßgeblich für eine Eignungsprüfung nach § 57 Abs. 1 VgV sind die in der Auftragsbekanntmachung geforderten Eignungskriterien und -nachweise nach § 122 Abs. 4 S. 2 GWB und § 43 Abs. 1 VgV (Ausfluss des vergaberechtlichen Transparenzgebots, gem. § 97 Abs. 1 GWB).

Die Struktur der Bekanntmachung dient lediglich der Vereinheitlichung und Vereinfachung, ist aber nicht verpflichtend. Die Mindestanforderungen können daher auch an anderer Stelle auftauchen, solange der Auftraggeber unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er für die Bietenden eine bestimmte Hürde errichtet hat.

Das Eignungskriterium für die Berufsausübung und der dazugehörige Eignungsnachweis sind damit in der EU-Bekanntmachung wirksam bekannt gegeben worden und durften entsprechend auch nachgefordert werden.

Die Nachforderung war auch wirksam und durfte nicht wiederholt werden. Nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV werden von der Wertung Angebote ausgeschlossen, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalten. Die nachgeforderten Unterlagen sind dabei gem. § 56 Abs. 2 S.1, Abs. 4 VgV innerhalb einer angemessenen Frist vorzulegen.

Dieser Nachforderung ist die ASt nicht bis zum Fristablauf nachgekommen. Sie ist daher gem. § 57 Abs. 1 VgV auszuschließen. Es handelt sich hierbei um eine zwingende Vorschrift, sodass der Auftraggeber bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zum Ausschluss verpflichtet ist; ein Ermessensspielraum besteht nicht.

Die Vergabekammer entschied, dass im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichberechtigung auch innerhalb der Frist keine weiteren Nachforderungen durch den AG durchgeführt werden dürfen.

Darüber hinaus machte die Vergabekammer klar, dass der öffentliche Auftraggeber an die von ihm geforderten Eignungsnachweise gebunden ist, so dass er weder zusätzliche Nachweise fordern noch auf einmal auf wirksam bekannt gegebene Nachweise verzichten darf.

Hinweis für die Praktische Anwendung

Achtung! Passieren entsprechende Fehler bei der Nachreichung von Vergabeunterlagen können diese nicht mehr korrigiert werden. Von Bieterseite sollte somit nicht auf eine entsprechende Information bzgl. der Fehlerhaftigkeit einer Nachreichung durch den Auftraggeber gehofft werden. Vielmehr ist der öffentliche Auftraggeber zum Ausschluss des Angebots verpflichtet.

Die Autorin dieses Gastbeitrages ist Frau Anika Sanders Rechtsanwältin der Kanzlei Leinemann & Partner Rechtsanwälte mbB in Hamburg.

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