- Anzeige -
- Anzeige -
- Anzeige -
StartVerteidigungWenn die Zeitenwende frustriert

Wenn die Zeitenwende frustriert

Mit der Zeitenwende kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz Milliarden-Investitionen in die Bundeswehr an. Seitdem wurde viel in die Wege geleitet. Aber es ist nur wenig bei der Truppe angekommen. Waren die Vorschusslorbeeren unbegründet?

„Das höchste Gut ist das Vertrauen“, erklärt der Bundesvorsitzende des Deutschen Bundeswehr Verbandes e. V. Oberst André Wüstner. Nach der Ankündigung der Zeitenwende hätten die Soldatinnen und Soldaten der Bundesregierung viel Vertrauensvorschuss geschenkt. Diesen dürfte man nicht verspielen. Um den Vertrauensverlust zu verhindern, bedürfe es eines Planes. „Die Soldatinnen und Soldaten wollen wissen, wann welche Ausrüstung kommt“, führt Wüstner weiter aus. Denn bisher sei trotz Sondervermögen noch nichts gekauft worden, erklärt Florian Hahn (CSU). Im Gegenteil habe man berechtigterweise viel Material an die Ukraine abgegeben, so Wüstner.  

Die Mitarbeitenden der Bundeswehr seien recht politisch, weil sie politische Entscheidungen unmittelbar umsetzen müssten. Eine kleine Zeitenwende hätten sie bereits 2014 erlebt. Schon damals versprach man Investitionen in die Landes- und Bündnisverteidigung. „Die Soldatinnen und Soldaten fragen sich, warum es jetzt besser werden soll, wenn man es damals auch nicht umgesetzt hat“. Deswegen brauche es nicht nur eine Zeiten-, sondern eine Verständniswende. Darunter versteht Wüstner das Thema Sicherheit dauerhaft in der breiten Bevölkerung zu verankern. Ganz zentral sei auch, neben dem Sondervermögen, den Verteidigungsetat dauerhaft anwachsen zu lassen. Denn steigende Betriebskosten und Inflation erlaubten keine substanzielle Aufrüstung allein mit den Mitteln des Sondervermögens. Dieses sei eine „Anschubhilfe, um die größten Löcher zu stopfen“, stellt Hahn klar.  

Ohne Material lässt sich kein Personal gewinnen

Angemessenes Material auf dem Hof und gute Ausrüstung im Spind haben auch eine personelle Dimension, erklärt Wüstner. Wenn ich Rekrutinnen und Rekruten gewinnen möchte, dann muss ich ihnen angemessenes Material versprechen können. „Als ich unlängst die Bundeswehr Universität in Hamburg besucht habe, fragten mich die jungen Menschen, ob sie den neuen Leopard in ihrer Dienstzeit jemals zu Gesicht bekommen werden.“ Um dauerhaft Vertrauen zu gewinnen, müssten die politischen Zusagen für 2027 eingehalten werden, stellt Wüstner klar.  

Die Industrie nicht aus dem Blick verlieren

Wie bei den Mitgliedern der Streitkräfte sei auch bei der Industrie der anfängliche Enthusiasmus über die Zeitenwende abgeflacht, diagnostiziert Hahn. Man sei frustriert. „Die Milliardeninvestitionen haben nicht die erwarteten Aufträge in der heimischen Rüstungsindustrie ausgelöst.“

Die Industrie habe ihre Produkte aufgeschlüsselt und vorgelegt und warte seitdem auf Bearbeitung, erklärt Klaus-Peter Willsch (CDU). Der Bundestagsabgeordnete verlangt klare Signale der Beschleunigung von den Regierenden. Es gelte Rahmenverträge im vollen Umfang der benötigten Produkte festzulegen. „Wenn wir 111 Pumas brauchen, dann müssen wir sie auch bestellen“, so Willsch.

Kritik an den Beschaffungsprozessen der Bundeswehr formuliert auch der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Dr. Hans Christoph Atzpodien. Er verweist auf Rheinmetall, die im letzten Jahr über ihre Auftragslage produziert hätten. Allerdings fanden sie keine Abnehmer für ihre Produkte bei der Bundeswehr. Es habe an Titeln gefehlt, führt Atzpodien aus. Daher sei es unabdingbar, dass in kommenden Haushalten mehr Geld bewilligt wird.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein