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StartVerteidigungMilitärische Supply Chains verdienen mehr Aufmerksamkeit

Militärische Supply Chains verdienen mehr Aufmerksamkeit

„Supply-Chain-Management wird für die IT-Beschaffung bei der Bundeswehr eine entscheidende Rolle spielen“, erklärt Prof. Dr. Michael Eßig von der Bundeswehruniversität München. Besonders im Verteidigungsbereich könnten Störungen in der Lieferkette massive Konsequenzen haben.

Auf den BWI Industry Days verdeutlicht Eßig die gigantischen Ausmaße globalisierter Lieferketten. Allein ein Autositz durchliefe eine Kette von 18 Wertschöpfungsschritten, bis man auf ihm platznehmen könne. Diese unvorstellbare Komplexität offenbare sich nicht nur in der Großindustrie. Globale Abhängigkeiten seien bereits bei einfachsten Produkten zu beobachten. In derartig komplexen Systemen könnte bereits ein kleiner Ausfall fatale Konsequenzen haben. Die Erschütterungen während der Covid 19 Pandemie hätten dies unverkennbar vor Augen geführt. Dennoch nehme die Globalisierung weiter Fahrt auf. Wie viel Globalisierung in einem Produkt stecke, bliebe Verbraucherinnen und Verbraucher hingegen verborgen.

Besondere Brisanz erhalten diese Erkenntnisse, wenn man sie auf den Bereich Defence übertrage. Gerade bei der Verteidigung müsse Souveränität besonders bedacht werden. Lieferkettenunabhängigkeit im Sinne einer Kreislaufwirtschaft erhalte daher neben den umweltpolitischen Implikationen eine dediziert sicherheitspolitische Dimension. „Sie ist ein wesentlicher Schritt zur Resilienz“. Als besonders herausfordernd gestaltet sich dieses Unterfangen, weil die Grenze zwischen kommerziellen und militärischen Lieferketten zunehmend verschwimme. Eßig zeigt sich besorgt: „Ich befürchte, dass es uns im Verteidigungssektor nicht gelingen wird, uns von den Entwicklungen zu entkoppeln.“ Insbesondere in diesem hochsensiblen Feld sei es angezeigt, sich umgehend von Störungen in der Lieferkette erholen zu können. Dem stünden drei zentrale Herausforderungen entgegen.         

Vergaberecht nicht der größte Hemmschuh

Zunächst führt Eßig die Inflation als eines der Kernprobleme auf. Diese werde oft unterschätzt. Insbesondere weil nicht nur die Verbraucher-, sondern auch die Herstellerpreise massiv gestiegen seien. „Die Herstellung der Produkte ist um fast 50 Prozent teurer geworden.“ Diesen Umstand könne man nicht allein durch steigende Energiepreise erklären. Die durch Covid und den Krieg in der Ukraine erzwungene Teil-Deglobalisierung gehe mit massiven Preissteigerungen einher. Gerade im Rüstungs- und Verteidigungsbereich stiegen die Preise sogar noch stärker als in anderen Branchen. Es sei daher angezeigt, darüber nachzudenken, „wie wir die steigenden Kosten abfangen“.  

Darüber hinaus entpuppe sich eine weitere marktwirtschaftliche Entwicklung als Herausforderung. Die Produktvielfalt im europäischen Verteidigungsmarkt nehme zunehmend ab. Im Jahr 2023 gingen bei europaweiten Ausschreibungen im Schnitt nur noch 1,7 Angebote ein. Marktverfügbarkeit entwickle sich zu einem neuen Schlüsselfaktor. „Es kann nur funktionieren, wenn wir auch leistungsfähige Lieferanten haben.“   

Als weniger bedenklich stuft Eßig hingegen die Situation bei den viel gescholtenen Vergabeverfahren ein. Das Vergaberecht erlaube eine Menge Spielraum. Gerade weil der öffentliche Auftraggeber in seiner Definition von bedarfsgerecht frei sei.

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