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StartVerteidigung„Wir haben lange Zeit den Fehler gemacht, die Bevölkerung zu schonen“

„Wir haben lange Zeit den Fehler gemacht, die Bevölkerung zu schonen“

Generalleutnant Michael Vetter warnt vor einer Zukunft in einer unsicheren multipolaren Welt. Angesichts dieser Herausforderung mahnt er eine ehrlichere Kommunikation mit der Bevölkerung an.

Auf den BWI Industry Days 2023 legt Vetter aus, welchen Herausforderungen sich Deutschland in Zukunft zu stellen habe. Das westliche Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell sei durch staatliche und nicht-staatliche Akteure herausgefordert. Es sei zu erwarten, dass die nicht-staatlichen Akteure teilweise mehr Einfluss ausüben werden als staatliche. Deshalb müsse man sich auf eine Vielzahl verschiedener Szenarien vorbereiten. Vetter räumt allerdings ein, dass man sich nicht auf alle Szenarien gleich gut einstellen könne.

Letztendlich käme es deshalb darauf an, dass eigene demokratische, marktwirtschaftliche System gegen andere zu verteidigen. Mit der aktuellen Fähigkeitsentwicklung habe man den richtigen Weg gewählt, um dies zu gewährleisten. Es gäbe allerdings Einschränkungen. „Uns fehlt die Agilität.“

Denn Resilienz und Sicherheit erschöpfe sich nicht beim Militär. Die Bundeswehr sei ein wichtiger Teil, dennoch müsse sich die Summe aus Staat, Wirtschaft und Gesellschaft auf krisenhafte Situationen einstellen. „Die Bevölkerung braucht das richtige Mindset, um Krisen durchzustehen“, fordert Vetter. Während der Pandemie hätten die Deutschen bereits unter Beweis gestellt, dass sie über ein solches verfügten. Aus diesem Grund stört sich Vetter an der Art, wie in Deutschland Krise kommuniziert wird.  „Wir haben lange Zeit den Fehler gemacht, die Bevölkerung zu schonen“, konstatiert er. Vetter sieht Bedarf für mehr sicherheitspolitische Ehrlichkeit. Deshalb geht er mit der politischen Kommunikation in den Merkel-Jahren hart ins Gericht. „Damals warb man mit dem Slogan ‚für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben wollen‘ für eine bestimmte Partei.“ Das Wahlkampfmotto hätte allerdings angesichts des Krieges auf der Krim und der sich anbahnenden Krisen „Blut, Schweiß und Tränen“ lauten müssten.  

Deutschland zwischen Krise und Führungsrolle

Matthias Moeller, CEO der Arvato Systems Group, teilt Vetters Prognose einer krisengeplagten Zukunft. „In den letzten Jahren haben wir neue Krisenerfahrung gemacht.“ Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die ersten Auswirkungen des Klimawandels fielen darunter. Weitere Krisen würden folgen. Mit Cyberattacken, Terrorangriffen und Konsequenzen des Klimawandels müsse gerechnet werden. In den letzten Monaten habe Deutschland aber bewiesen, dass es durchaus krisenfest und schnell reagieren könne. „Die Demokratie ist aktionsfähig und wehrhaft“.

In anderen Bereichen sei Sorge allerdings angebracht. Bei der technologischen Entwicklung drohe man ins Hintertreffen zu geraten. Die Bürokratie sei dabei kein positiver Faktor. „Es gibt ein Kompetenz-Wirrwarr bei der Digitalisierung. Es ist verkraftbar, wenn sechs Ministerien sich dir Kompetenzen für die Digitalisierung teilen. Aber irgendwer muss verantwortlich sein.“

Trotz innenpolitischer Herausforderungen verlangt Vetter in der von ihm diagnostizierten multipolaren Welt eine neue deutsche Führungsrolle. Die europäischen Partner würden dies von Deutschland erwarten. Das „Totschlagargument Zweiter Weltkrieg“ könne man nicht länger geltend machen.  

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