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Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens

Die Suche nach der richtigen Besetzung für eine freie Stelle ist oft nicht leicht. Insbesondere im öffentlichen Dienst unterliegt die Besetzung offener Stellen einer Vielzahl rechtlicher Vorgaben. So haben öffentliche Arbeitgeber – anders als private Arbeitgeber – bei der Stellenbesetzung unter anderem stets Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten.

Art.33 GG
(…)
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

Jede Bewerbung ist nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien zu beurteilen. Die Norm regelt den Zugang zu öffentlichen Ämtern und beinhaltet den Grundsatz der Bestenauslese. Dieser unbeschränkte und vorbehaltslos gewährleistete Grundsatz dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen im öffentlichen Dienst und trägt zum anderen dem Interesse der Beschäftigten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung.

Zudem folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG das grundrechtsgleiche Recht des sog. Bewerbungsverfahrensanspruchs. Danach hat jede bewerbende Person den Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfreie Einbeziehung in die Bewerbendenauswahl.

Durch den Bewerbungsverfahrensanspruch erhält jede bewerbende Person ein subjektives Recht auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren. Der Bewerbungsverfahrensanspruch setzt voraus, dass die begehrte Stelle noch nicht besetzt wurde.

Doch was passiert, wenn eine bewerbende Person der Ansicht ist, ihr Bewerbungsverfahrensanspruch sei verletzt? Hiermit hatte sich unter anderem auch das BAG in seiner Entscheidung vom 19. September 2024 (8 AZR 368/22) zu befassen.

Sachverhalt

In der zugrundeliegenden Entscheidung ging es um einen Kläger, der bei der beklagten Universität seit 2006 unbefristet in Teilzeit beschäftigt ist, zuletzt in der Entgeltgruppe 13 TV-L. Ab 2018 kam es zu mehreren Stellenausschreibungen durch die Beklagte für höher eingruppierte Stellen oder solche in einem höheren Umfang. Unter anderem schrieb die Beklage die Stelle eines Wissenschaftlichen Geschäftsführers nach der Entgeltgruppe 14 TV-L aus, auf die sich unter anderem auch der Kläger bewarb.

Die Beklagte informierte den Kläger im März 2021 über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens, nachdem die Mitgliederversammlung entschlossen hatte, den Forschungsverbund neu auszurichten und daher auf die Position des Wissenschaftlichen Geschäftsführers zu verzichten.

Der Kläger beantragte daraufhin die gerichtliche Feststellung, dass er vergütungsmäßig so zu stellen sei, als wäre er auf der streitgegenständlichen Stelle als Wissenschaftlicher Geschäftsführer eingestellt worden. Zudem stellte er einen Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren, der Beklagten den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens zu untersagen, hatte hiermit jedoch keinen Erfolg.

Nachdem das Arbeitsgericht die Klage in der Hauptsache abgewiesen hat, hat auch das Landesarbeitsgericht die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger legte daher gegen das Berufungsurteil Revision beim BAG ein.

Die Entscheidung

Das BAG wies die Revision zurück, da dem Kläger kein Anspruch auf die begehrte Feststellung zustehe, ihn vergütungsmäßig so zu stellen, als wäre es auf die streitgegenständliche Stelle des Wissenschaftlichen Geschäftsführers eingestellt worden.

Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt unter anderem in Betracht, wenn der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers durch einen rechtswidrigen Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens verletzt worden wäre. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.

Die Anforderungen an einen rechtmäßigen Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sind abhängig davon, ob dieselbe Stelle in einem neuen Auswahlverfahren besetzt werden soll oder ob die Stelle mit dem ursprünglichen Zuschnitt gar nicht mehr besetzt werden soll.

Anforderungen an den rechtmäßigen Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens

a) Besetzung derselben Stelle in einem neuen Auswahlverfahren

Soll dieselbe Stelle in einem neuen Stellenbesetzungsverfahren besetzt werden, müssen sachlich nachvollziehbare Gründe zum Abbruch vorliegen. Diese Gründe müssen den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügen. Zudem darf der Abbruch nicht missbräuchlich erfolgt sein. Unerheblich ist jedoch, dass mit dem Abbruch auch die Rechte der bewerbenden Personen nach Art. 33 Abs. 2 GG gekürzt werden.

Sofern die Abbruchentscheidung den Anforderungen nicht genügt, ist sie unwirksam und das ursprüngliche Auswahlverfahren ist fortzusetzen.

Ein sachlicher Grund ist nach der Rechtsprechung insbesondere in den folgenden Fällen gegeben:

  • Rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz, die es untersagen, die ausgewählte Person einzustellen, Bzw. zu ernennen;
  • Ausschreibungs- oder Verfahrensmängel, die dazu führen, dass keine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung getroffen werden kann:
  • Alle bewerbenden Personen entsprechen nicht den Erwartungen

b) Keine Besetzung der Stelle mit dem ursprünglichen Zuschnitt

Erleichterte Voraussetzungen gelten für öffentliche Arbeitgeber in den Fällen, in denen er sich dazu entscheidet, die ausgeschriebene Stelle in dem ursprünglich festgelegten Zuschnitt nicht mehr zu besetzen. In diesen Fällen ist lediglich erforderlich, dass die Entscheidung zum Abbruch nicht willkürlich oder rechtsmissbräuchlich war. Hierauf beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle, da die Entscheidung über den Zuschnitt einer ausgeschriebenen Stelle dem Organisationsermessen des öffentlichen Arbeitgebers unterfällt. Dieses weite Organisationsermessen geht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG vor.

Insbesondere bestehen keine subjektiven Rechte der bewerbenden Personen gegen den Zuschnitt der ausgeschriebenen Stelle. Durch die Ausschreibung wird kein unwiderruflicher Vertrauenstatbestand begründet.

An diesem Maßstab musste sich auch das Begehren des Beklagten messen lassen. Das BAG stellte fest, dass der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens weder willkürlich noch rechtsmissbräuchlich erfolgte.

Beendigung des Stellenbesetzungsverfahrens

Mit der Einstellung einer bewerbenden Person bzw. der Ernennung eines Beamten endet das Stellenbesetzungsverfahren regelmäßig und damit auch der Bewerbungsverfahrensanspruch der bewerbenden Personen. Mit der endgültigen Besetzung der Stelle gehe der Anspruch nach Auffassung des BAG unter. Die unterlegenen bewerbenden Personen können dann allenfalls Schadensersatz geltend machen. Hierfür ist erforderlich, dass dieser Person bei ordnungsgemäßer Durchführung des Auswahlverfahrens die Stelle als bestgeeignetste Person hätte übertragen werden müssen (BAG, Urteil vom 123. Oktober 2010 – 9 AZR 554/09).

Sofern sich der öffentliche Arbeitgeber für einen Abbruch des Auswahlverfahrens entscheidet, müssen die unterlegenen mitbewerbenden Personen rechtzeitig und in geeigneter Form über den Abbruch in Kenntnis gesetzt werden.

Bewertung und praktische Auswirkungen

Die Entscheidung des BAG zeigt erneut, dass öffentliche Arbeitgeber nicht völlig frei und nach Belieben ein Stellenbesetzungsverfahren abbrechen können.

Empfehlenswert ist stets eine saubere Dokumentation der Gründe des Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahren, um für etwaig folgende Konkurrentenstreitigkeiten eine solide Beweisgrundlage zu schaffen und eine gerichtliche Kontrolle zu ermöglichen. Im gerichtlichen Verfahren können die Gründe für den Abbruch des Verfahrens nicht mehr nachgeschoben werden.

Die Autorin des Gastbeitrags ist Julia Füllmann von der Küttner Rechtsanwälte Partnergesellschaft.

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