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Besser werden, aber wie?

„Aus den Krisen lernen – Für einen starken Bevölkerungsschutz“ und „Für einen modernen Bevölkerungsschutz, der den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist“ – so hießen die Anträge der verschiedenen Fraktionen, die im Innenausschuss des Bundestages diskutiert wurden. Den Expertinnen und Experten zur Folge sei der Bevölkerungsschutz gut aufgestellt, doch es folgt immer ein „Aber“.

Deutschland verfüge über einen im internationalen Vergleich gut aufgestellten Bevölkerungsschutz, sagt René Burfeindt, Bereichsleiter Nationale Hilfsgesellschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Dies läge vor allem an den über 1,7 Millionen ehrenamtlichen Kräften. Doch dieses System gelte es zu pflegen. Aufgrund der multiplen Krisen und Katastrophen sowie den Bedrohungsszenarien, denen sich der Bevölkerungsschutz stellen müsse, müsse dieser in den kommenden Jahren nachhaltiger angepasst und für zukünftige Krisen gestärkt werden, fordert Burfeindt. Die für den Haushalt 2023 vorgesehenen 560 Millionen Euro reichen dafür nicht aus. Um den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, müssen neben einer bundesweiten einheitlichen Helfergleichstellung und einem einheitlichen Krisenmanagement Reserven für den Bevölkerungsschutz aufgebaut werden. Dies gelte u. a. für den Aufbau der Nationalen Reserve Gesundheitsschutz (NRGS) oder andere Vorhaltungen für die Versorgung von vielen Menschen in Krisenlagen.

Raus aus der Schmuddelecke

Das Thema Geld nimmt auch bei der THW-Präsidentin Sabine Lackner einen wichtigen Stellenwert zur weiteren Befähigung des Bevölkerungsschutzes ein. Dieses Geld werde z. B. zur Ertüchtigung des eigenen Fuhrparks sowie zur Erneuerung der eigenen Liegenschaften benötigt. „Zur Resilienz gehört auch, dass auch wir als THW resilient sind“, betont Lackner. Es müssten weiterhin Mittel bereitgestellt werden. Zudem brauche es bessere Rahmenbedingungen für die vielen ehrenamtlichen Kräfte. „Diese dürfen wir nicht enttäuschen“, so die THW-Präsidentin. Das hohe Sicherheitsniveau resultiere größtenteils durch dieses ehrenamtliche Engagement. Dieses Engagement brauche weiterhin Ressourcen.

Lackners Vor-Vorgänger Albrecht Broemme sieht ebenfalls den Bevölkerungsschutz in alltäglichen Lagen aufgrund der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer sowie der hauptamtlichen Kräfte gut aufgestellt. Durch die zahlreichen Krisen und Katastrophen der vergangenen Jahre sei zu dem der Bevölkerungsschutz aus der „Schmuddelecke“ geholt worden. Jetzt könne man, „ohne rot zu werden“ darüber reden, so Broemme. Der frühere THW-Präsident sieht aber drei Schwachpunkte im System.

„Ein Problem ist die begrenzte Durchhaltefähigkeit bei lang dauernden Einsätzen. Lang dauert heißt: mehrere Wochen“, sagt Broemme. Der zweite Schwachpunkt seien Einschränkungen durch Eigenbetroffenheit und andere psychische Belastungen. „Der dritte Punkt ist: die fehlende Vorbereitung auf Einsatzunterstützung für Einheiten aus dem europäischen, überwiegend europäischen Ausland sowie die geordnete Hilfe deutscher Einheiten im Ausland“, sagt Broemme.

Viele Manager, wenig Entscheider

Krisenvorbereitung beträfe aber nicht nur die Blaulicht-Organisationen, sondern sämtliche Teile der deutschen Verwaltung auf allen Ebenen. Alle Ämter müssten in der Lage sein, in einer Krisensituation schnell zu handeln. „Wir haben zu viele Manager und zu wenige Entscheider“, kritisiert Broemme. Dies sei u. a. eine Frage der Schulung.

„Es klingt vielleicht banal, aber die wichtigste Ressource im Bevölkerungsschutz sind die Menschen“, betont Gesine Hofinger, Professorin für Psychologie im Bevölkerungsschutz an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften. Menschen mit ihren Kompetenzen und Potenzialen zu stärken, trage zur Stärkung der gesamtgesellschaftlichen Resilienz bei. Dies gelte sowohl für die Bevölkerung im Allgemeinen als auch für die institutionelle Seite des Bevölkerungsschutzes. „Dort sind Menschen, die gestärkt werden müssen. Das heißt, wir brauchen Aus- und Weiterbildung“, so Hofinger.  Dies beträfe im Besonderen den Bereich des Krisenmanagements. Ebenso brauche es eine Neudefinition von Strukturen und Prozessen. „Die Umsetzung vieler dieser Dinge kostet Geld, aber im Bereich der Ausbildung sind die Finanzmittel immer nicht so groß, wie in anderen Bereichen.“ Man brauche eine kontinuierliche, politische Unterstützung der Menschen, die den Bevölkerungsschutz tragen“, fordert die Professorin.

Pflichtausbildung für Landrätinnen und Landräte

Ebenso mahnt Hofinger an, das Krisenmanagement und die Stabsarbeit in den Verwaltungen zu stärken. „Krisenmanagement verlangt Führungskompetenzen.“ Dies habe man nicht qua Amt, weil man Landrätin oder Landrat bzw. Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister werde. Diese Personen bräuchten eine verpflichtende Ausbildung und Übungen.

Für Verwaltungen, die keine gut ausgebildeten Krisenstäbe vorhalten könnten, könnten mobile Führungsstäbe etabliert werden, die im Notfall abgerufen werden können, so Hofinger.

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