Niedersachsen liegt bundesweit auf Platz zwei bei den Ermittlungen zur Organisierten Kriminalität (OK). Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) fordert nun schärfere gesetzliche Regelungen. Ziel sei es, die erfolgreiche Arbeit der Behörden weiter zu stärken.
Gemeinsam mit der niedersächsischen Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) stellte Behrens am Montag das Lagebild „Organisierte Kriminalität in Niedersachsen 2023“ vor. Laut Lagebild führte die niedersächsische Polizei im letzten Jahr mit 68 Ermittlungsverfahren exakt so viele durch wie im Jahr zuvor. Dazu kamen im vergangenen Jahr noch 19 weitere Verfahren, bei denen der Zoll oder die Bundespolizei im Auftrag von niedersächsischen Staatsanwaltschaften ermittelten. Bei mehr als der Hälfte dieser Verfahren ging es um den internationalen Rauschgifthandel und -schmuggel.
„Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist für Justiz und Polizei in Niedersachsen eine dauerhafte und zentrale Schwerpunktaufgabe“, hob Behrens hervor. Die OK-Bekämpfung beinhalte nicht nur die Verfolgung von Straftaten, sondern auch den Schutz der Grundwerte und die Verteidigung der Gesellschaft. Inzwischen strebten OK-Gruppierungen neben dem finanziellen Gewinn auch nach Macht. So nahm der finanzielle Schaden, den die Verbrechen verursachten, im Vergleich zu den Vorjahren weiter ab.
Laut Lagebild lag dieser im vergangenen Jahr mit 114 Millionen Euro deutlich unter dem Schadensniveau von 468 Millionen im Jahr zuvor. Jedoch hänge dies unter anderem damit zusammen, dass es in einzelnen mehrjährigen Verfahren häufig um Beträge bis zu 100 Millionen Euro ginge. Ebenfalls stark zurückgegangen seien die errechneten Gewinne der OK. Das Ziel sei es, die organisierten Tätergruppen abzuschrecken, indem ihnen das kriminell erworbene Geld entzogen werde, erklärte Behrens.
Viel Arbeit voraus
Vor allem die Entwicklung hin zur Krypto-Währung bereiteten hierbei aktuell jedoch noch Probleme. „Darauf stellen wir uns mit entsprechenden Softwaretools zur Nachverfolgung der Verschiebung virtueller Währungen, mit spezialisierten Aus- und Fortbildungsmodulen der Polizeiakademie Niedersachsen sowie einem Netzwerk von IT-Spezialisten, IT- Forensikern und Spezialisten für Financial Intelligence vorbildlich und vorausschauend ein.“ Behrens räumte in diesem Bereich jedoch noch weiteren Verbesserungsbedarf ein. Außerdem forderte die niedersächsische Innenministerin rechtliche Anpassungen, um mehr Täter und Täterinnen und auch ihre Netzwerke ausfindig zu machen. Dazu zählten unter anderem eine klare Regelung zur Speicherung von IP-Adressen, eine stärkere Regulierung verschlüsselter Messengerdienste und der gezielte Einsatz von Künstlicher Intelligenz. „Was das niedersächsische Landesrecht angeht, werden wir hierzu einen Entwurf zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes vorlegen“, so Behrens.
Für die Zukunft kündigte Behrens zudem eine Neuausrichtung der niedersächsischen OK-Bekämpfung an. „Das LKA Niedersachsen richtet aktuell in Abstimmung mit dem Innenministerium eine Niedersächsische Plattform zur OK-Bekämpfung ein, die wir analog zur BKA-Plattform ins Leben gerufen haben.“ Dadurch werde die Nationale OK-Bekämpfungsstrategie in Niedersachsen „konsequent“ umgesetzt.
Mehr finanzielle Mittel notwendig
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kommentierte das Lagebild mit einer erneuten Forderung nach Weiterentwicklung der Polizei. Besonders in den Bereichen Personal, Technik sowie Aus- und Fortbildung bestehe dringender Handlungsbedarf, um den veränderten Herausforderungen gerecht zu werden. Die Polizei müsse besser ausgestattet werden, um der fortschreitenden Professionalisierung und Vernetzung krimineller Strukturen wirksam begegnen zu können.
Ein Beispiel hierfür ist die Auswertung von Krypto-Chats. Kriminelle nutzen verschlüsselte Plattformen, um Drogengeschäfte und andere Straftaten zu planen, im Glauben, ihre Kommunikation sei vollständig abgeschirmt. Die Einsichtnahme in diese Chats hat den Ermittlungsbehörden laut dem BDK entscheidende Einblicke geliefert. Gleichzeitig würden die dabei entstehenden Datenmengen die Polizei an ihre Kapazitätsgrenzen bringen. Nach Angaben des Lagebilds resultierten nahezu ein Drittel der in Niedersachsen geführten Verfahren aus Erkenntnissen kryptierter Kommunikation. Ohne zusätzliche finanzielle Mittel, modernes Equipment und ausreichend qualifiziertes Personal könnten diese komplexen Aufgaben künftig nicht mehr von der Polizei bewältigt werden, warnte der BDK.