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StartDigitalesEin souveräner Arbeitsplatz für die Verwaltung

Ein souveräner Arbeitsplatz für die Verwaltung

Das Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) wird noch in diesem Jahr eine Office- und Collaboration-Suite anbieten, die auf die Bedürfnisse deutscher Behörden zugeschnitten ist. Dabei setzt es auf Open-Source-Software. Das ehrgeizige Ziel: die digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung zu stärken. Der praxisnahe Ansatz der GmbH stößt bereits auf internationales Interesse.

„Wir brauchen keine weiteren Strategiepapiere, sondern funktionierende Lösungen“, bringt es ZenDis-Geschäftsführer Andreas Reckert-Lodde auf den Punkt. Ob eine Alternative zu Microsoft Office, eine Plattform für Open-Source-Software (OSS) oder eine Videokonferenzlösung: Dem Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) geht es um die konkrete Umsetzung von Projekten.

„Wir sind überzeugt davon, dass wir mit dem Open-Source-Ansatz schnell Erfolge erzielen und Veränderung herbeiführen können“, sagt Reckert-Lodde. Außerdem könne man so föderal- und ebenenübergreifend arbeiten. Eines der ersten Projekte des ZenDiS ist openDesk. Die Office- und Collaboration-Suite bündelt verschiedene bestehende Open-Source-Lösungen zu einem Paket und soll Verwaltungen als Alternative zu Microsoft Office dienen. ZenDiS programmiert also selbst keine Software, sondern integriert praxiserprobte Tools in eine browserbasierten Anwendung „mit einheitlichem Look and Feel“. Dazu gehören unter anderem Tools zur Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, E-Mail und Kalender.

Anpassungen je nach Bedarf

Aktuell befindet sich das Produkt noch in der Testphase. ZenDiS nutzt openDesk selbst produktiv und stößt immer wieder auf Verbesserungspotenzial: „Die Planung von Folgeterminen ist ein schönes Beispiel. Um die tägliche Arbeit zu erleichtern, wurde eine Funktion eingefügt, die automatisch einen Termin sucht, an dem alle Zeit haben“, veranschaulicht Reckert-Lodde. Die Anwendung stetig an den Bedarf der Nutzer anpassen zu können, sei ein großer Vorteil von Open Source. Ein vergleichbarer Feature-Wunsch an einen großen Hersteller würde entweder lange dauern oder schlicht unbeantwortet bleiben. Unter anderem im Robert-Koch-Institut (RKI) und im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gibt es derzeit sogenannte Superuser, die openDesk testen. Ihr Feedback fließt in die Weiterentwicklung ein.

Um openDesk einfach in die Behörden zu bringen, werde das ZenDiS mit Partnern für Betrieb und Pflege zusammenarbeiten. Die Ausschreibungen hierfür liefen und interessierte Institutionen hätten sich bereits gemeldet. Im vierten Quartal dieses Jahres  soll openDesk als Software as a Service (SaaS) genutzt werden können. Auf diese Weise soll der Zugang so einfach wie möglich gestaltet werden. Alternativ kann der Code von der Plattform OpenCoDE heruntergeladen und auf eigenen Servern installiert werden.

Braucht es openDesk?

Doch stellt sich die Frage: Braucht es openDesk überhaupt? Klar ist, dass die Zukunft von Microsoft Office in der Cloud liegt. Ein On-Premises-Betrieb sei dann nicht mehr möglich, verdeutlicht Reckert-Lodde. Und das berge Risiken. So könnten Datenabflüsse nicht sicher verhindert und auch die Verfügbarkeit der Dienste nicht gewährleistet werden. Ein digital souveräner Staat müsse jedoch immer handlungsfähig bleiben. Mithilfe von openDesk? In den Sozialen Medien heißt es, es gebe schon gute Open-Source-Software, niemand habe nach einer weiteren Office-Suite gefragt. Doch Reckert-Lodde sieht Bedarf für ein professionell betriebenes Gesamtpaket. Das zeigten auch Anfragen von verschiedenen Akteuren nach openDesk. ZenDiS verfolge schließlich die Mission, der öffentlichen Verwaltung ein breites Spektrum an Software anzubieten und sie unabhängiger von einzelnen Herstellern zu machen. Zudem sei Flexibilität wichtig: „Wir wollen unser Produkt jederzeit anpassen können – je nach Bedarf“, erklärt der Geschäftsführer.

Um als agile Einheit Bund-Länder-Kommunen-übergreifend agieren zu können und nicht zu sehr von politischen Entscheidungen abzuhängen, sei ZenDiS als GmbH gegründet worden, betont Reckert-Lodde. So könne auch das Aufgabenspektrum der Organisation angepasst werden.

19 Millionen Euro in 2024

Für den Organisationsaufbau hat ZenDiS eine Anschubfinanzierung in Höhe von 9,5 Millionen Euro erhalten, darüber hinaus arbeitet das Zentrum auftragsfinanziert. Die Digitalpolitikerin Anke Domscheit-Berg (Linke) bemängelt eine Unterfinanzierung. Im Haushalt 2024 stehen für ZenDiS insgesamt 19 Millionen Euro zur Verfügung. Damit könne man arbeiten, meint Reckert-Lodde, aber mehr wäre besser und würde „in manchen Bereichen helfen, größere Schritte zu machen“.

Künftig sollen sich die Länder als Gesellschafter beteiligen. Schleswig-Holstein und Thüringen haben bereits entsprechende Absichtserklärungen unterschrieben. Das Bundesinnenministerium bereitet aktuell den erforderlichen Antrag nach Paragraph 65 BHO vor, der zeitnah dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesrechnungshof übermittelt werden soll, teilt ZenDiS-Aufsichtsratsvorsitzender und Staatssekretär im BMI, Dr. Markus Richter, mit. Für ihn ist die Beteiligung der Länder ein wesentlicher Baustein zum Erfolg des ZenDiS. Ein Auftrag für OpenCoDE liegt bereits vor. Eine Verlängerung sowie die Beauftragung für openDesk und OpenConference sind laut Reckert-Lodde auf dem Weg.

Interesse am deutschen Weg

Auf europäischer Ebene ist das Interesse am ZenDiS groß. „Sehr viele blicken gerade auf Deutschland. Was ich hier als Feedback bekomme, ist, dass wir mit dem ZenDiS eine echte Vorreiterrolle einnehmen“, bekräftigt der Geschäftsführer. Einen solchen „Arbeitsmuskel“ wie das ZenDiS habe noch niemand aufgebaut. Mit Frankreich und Österreich gibt es bereits Vereinbarungen zur Zusammenarbeit, mit der Schweiz einen Austausch. Mit Frankreich sollen zudem gemeinsame Projekte aufgesetzt werden.

Jüngst bekundeten auch die Vereinten Nationen (UN) Interesse an der Herangehensweise des ZenDiS. Auf der Konferenz „OSPOs for Good“ im Juli in New York werden Staatssekretär Dr. Markus Richter, Andreas Reckert-Lodde und Adriana Groh vom Sovereign Tech Fund gemeinsam den deutschen Weg vorstellen. „Offensichtlich werden wir da sehr gut wahrgenommen“, folgert Reckert-Lodde. Er sieht die Einladung als Bestätigung für die Arbeit und die Idee des ZenDiS.

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