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Mocro-Mafia greift nach NRW aus

Sprengstoffanschläge, Folter und Entführungen – drohen Nordrhein-Westfalen niederländische Verhältnisse? Die Meldungen über illegale Aktivitäten der vornehmlich marokkanischstämmigen niederländischen Mafia, die landläufig gerne als Mocro-Mafia bezeichnet wird, im bevölkerungsreichsten Bundesland reißen nicht ab. Zuletzt wurde über die Verwicklung eines jungen Bonner Polizisten in die Vorkommnisse berichtet.
Offensichtlich wird gegen den 25-Jährigen wegen Strafvereitelung im Amt, der Bestechlichkeit und des Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt. Anfang August wurde der Beamte suspendiert, seine Dienstwaffe eingezogen. Die Anschuldigungen wögen außerordentlich schwer. Es existiert der Verdacht, dass der Beamte zum einen Informationen erhalten haben soll, die er nicht an die Fachkommissariate weitergeleitet hat. Zum anderen wird ihm Bestechlichkeit vorgeworfen, da er Auskunftssysteme genutzt haben soll, um Informationen gegen Entgelt an Beschuldigte weiterzugeben. Auf die Schliche war man dem Beamten durch abgehörte Telefonate gekommen.

Brennpunkt Köln
Vergangenen Montag kam es im Kölner Stadtteil Porz-Zündorf erneut zu einer Bombenexplosion nach dem typischen Muster der sogenannten Mocro-Mafia. Erneut handelte es sich offensichtlich um einen Schwarzpulver-Sprengsatz. Es ist der letzte Vorfall einer ganzen Anschlagsserie: Zuerst auf der Kölner Keupstraße Ende Juni, dann in Köln-Buchheim.
Aber auch in Engelskirchen und Duisburg explodierten Sprengsätze ähnlicher Machart. In Solingen hatte sich ein Attentäter beim Versuch der Zündung eines solchen Sprengsatzes selbst getötet. Die Sprengstoffanschläge vor Hauseingängen sollen eine Drohkulisse aufbauen.
Die Kölner Staatsanwaltschaft vermutet, dass eine Gruppierung aus dem rechtsrheinischen Köln eine weitere Gruppierung aus den Niederlanden um Hilfe gebeten hat, um Forderungen gegenüber einer rivalisierenden Bande durchzusetzen. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Diebstahl von etwa 300 Kilogramm Cannabis mit einem Schwarzmarktwert von fast anderthalb Millionen Euro aus einer Lagerhalle in Hürth bei Köln zur Eskalation zwischen den rivalisierenden Gruppen geführt hat. Offensichtlich will die Mocro-Mafia die vermeintlichen Diebe, die aus dem arabischen Clanmilieu stammen sollen, einschüchtern.
Anfang Juli hatte ein Spezialeinsatzkommando (SEK) in einer spektakulären Aktion zwei entführte Personen aus dem Keller einer Villa in Köln-Rodenkirchen befreit. Dort waren sie von ihren Entführern verhört und gefoltert worden. Zwischenzeitlich kursierten Todesdrohungen, sollte das gestohlene Cannabis oder der entsprechende Gegenwert nicht zurückgegeben werden. Zwei Tatverdächtige konnte das SEK festnehmen, drei weitere – vermutlich die Drahtzieher – hatten sich bereits in die Niederlande abgesetzt. Michael Esser, Kriminaldirektor der Polizei Köln, beschrieb die Befreiungsaktion der Geiseln als einen „der komplexesten Einsätze“, den die Polizei in Nordrhein-Westfalen seit langem durchgeführt habe. Man habe annehmen müssen, dass die Entführer sogar Maschinenpistolen einsetzen würden.

Niederländische Verhältnisse
Die hierzulande nicht gekannte Brutalität ist für den Kriminologen Robin Hoffmann von der Universität Maastricht nichts neues: In den Niederlanden würden regelmäßig Menschen auf offener Straße mit automatischen Waffen wie Maschinenpistolen „regelrecht hingerichtet“. Man komme inzwischen auf 20-30 Hinrichtungen pro Jahr.
Den Tätern erscheint die vollkommene Skrupellosigkeit als einziger Weg zu Erfolg und Reichtum. In den Niederlanden sind die marokkanischen Gangs längst eine Gefahr für den Staat: Ermittler und Richter treten aus Angst im Gerichtssaal ohne Gesicht auf. Drohungen gegenüber Polizistinnen und Polizisten gehören längst zur Normalität. Im Sommer 2021 wurde der bekannte Kriminalreporter Peter R. de Vries mitten in Amsterdam erschossen. Im Juni hat es nun lange Haftstrafen gegen die Angeklagten im Prozess in diesem Fall gegeben.
Den Ursprung dieser Verhältnisse sehen viele Experten in der Liberalisierung der niederländischen Drogenpolitik in den achtziger Jahren. Damals legalisierte die Regierung den Besitz und Konsum kleiner Mengen von Cannabis, um mehr Sichtbarkeit und Kontrolle zu erreichen. Da der Handel mit größeren Mengen jedoch illegal blieb, stießen – vor allem marokkanische – kriminelle Gruppierungen in die Lücke und versorgten die Coffee Shops mit der Ware, die sie aus dem Norden Afrikas und der Türkei ins Land schmuggelten. In den neunziger Jahren stiegen die Banden aufgrund der höheren Renditen auch in den Handel mit Kokain und anderen Drogen ein. Mit den Gewinnen stieg auch die Brutalität des Vorgehens.

NRW: attraktiver Markt für Mocro-Mafia
Experten sehen nun die Gefahr, dass mit der Cannabis-Legalisierung Deutschland das gleiche Schicksal droht. Zumal derzeit aufgrund der gestiegenen Nachfrage eine Unterversorgung bestehe: Zwar sei Cannabis im April teillegalisiert worden, allerdings bestehe seither kein legaler Markt. Die Cannabis-Clubs dürfen sich erst seit Juli um Lizenzen bewerben. Bis die erste Ernte eingefahren ist, wird es noch Monate dauern. Experten gehen von einem Bedarf von etwa 400 Tonnen Cannabis im Jahr aus. In die bestehende Versorgungslücke könnte nun die Mocro-Mafia versuchen vorzustoßen. Jüngst ist in den Niederlanden der Kontroll- und Fahndungsdruck auf das Drogenmilieu stark gestiegen. Oliver Huth, NRW-Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und Experte für Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt (LKA) NRW, befürchtet aufgrund dieser Lage eine regelrechte Cannabis-Schwemme aus den Niederlanden.

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