Wie gelingt gutes Prozessmanagement in der Verwaltung und warum ist es so schwer, eine Fehlerkultur in Unternehmen und Behörden zu etablieren? Zwei Podiumsdiskussionen auf dem Kongress Digitaler Staat lieferten Antworten.
Der richtige Umgang mit Scheitern, positive Rezeption von Fehlern und produktive Neustarts – ein viel diskutiertes Themenfeld in der Personalverwaltung von Behörden. Doch wie gelingt der konstruktive Umgang mit dem Scheitern und was muss sich am Mindset in Verwaltung und freier Wirtschaft ändern, um den Fokus auf den Lerneffekt zu legen? „Beim Scheitern kommt es auf die Wirkung an“, sagt beispielsweise FITKO-Präsident Dr. André Göbel. Aus seiner Sicht sei es wichtig, den Moment des Scheiterns zunächst einmal zu reflektieren, um es im Anschluss besser machen zu können.
Eine Methode für schnellen Fortschritt
Eine ähnlich positive Sicht auf den Umgang mit Fehlern vertritt Frank Gramüller-Heinz. „Scheitern ist die beste Methode, um schneller voranzukommen und Fortschritte zu erzielen“, erklärt der Director Sales Public des Softwareunternehmens SAS und konkretisiert mit Bezug auf den Alltag in seinem Unternehmen: „Alles, was wir implementieren, ist nicht perfekt. Scheitern sollten wir deshalb mit Fortschritt gleichsetzen und nicht mit Versagen.“
Auch aus den Reihen der Verwaltung ist der Zuspruch für eine offene Fehlerkultur vorhanden. So erklärt der Staatssekretär und CIO von Sachsen-Anhalt, Bernd Schlömer: „Wir müssen dahinkommen, das Scheitern zuzugeben und zu sagen: es ist nicht schlimm.“ Einen anderen Aspekt im Hinblick auf eine offene Fehlerkultur spezifiziert Ernst Bürger, Staatssekretär im Justiz- und Digitalisierungsministerium in Brandenburg: So würden Projekte in der Verwaltung häufig weitergeführt, obwohl sie längst gescheitert seien. „Wir müssen dahinkommen, Dinge, die nicht laufen, dann auch wirklich zu beenden und nicht endlos weiterzuverfolgen.“
Das unterstreicht Frank Gramüller-Heinz. Auch in seinem Unternehmen werde häufig gesagt: „Ich muss das jetzt durchziehen.“ Stattdessen müsse es aber darum gehen, neue Wege einzuschlagen. Denn erst wenn zugegeben werde, dass Dinge nicht funktionieren, könnten neue, womöglich bessere Projekte gestartet werden. „Scheitern ist nur das Ergebnis, aber nicht das Ende“, so sein Resümee.
Disruptives Vorgehen beim Prozess-Management
Damit Fehler gar nicht erst entstehen, gilt es auch, bestehende Prozesse zu vereinfachen. So kann beispielsweise das Vermeiden von Medienbrüchen bei Dokumentationspflichten die Effizienz erhöhen. Dr. Sönke E. Schulz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied im Schleswig-Holsteinischen Landkreistag, hält ein disruptives Vorgehen beim Verschlanken von Prozessen für sinnvoll – doch genau das sei der Verwaltung häufig fremd. Wie Stephan Löbel, Geschäftsführer des Stein-Hardenberg-Instituts, unterstreicht, dürfe es eben nicht mehr darum gehen: „Wir haben XY angeschafft, also müssen wir XY auch nutzen.“ Dabei ergänzt Jens Kassert vom IT-Dienstleister PROFI: Sinnentleerte Prozesse würden auch durch den Einsatz von KI nicht besser.