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Gelebte Solidarität

Jahre lang half das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anderen EU-Staaten, indem es regelmäßig Mitarbeitende entsandte. Nun erhält das BAMF erstmals selbst Verstärkung aus europäischen Partnerländern. Seit Ende August sind die ersten Unterstützungskräfte im Einsatz. Ihre Entsendung wird von der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) koordiniert.

Die EUAA (European Union Agency for Asylum) mit Sitz in Valletta auf Malta ist eine Agentur der Europäischen Union. Ihr Auftrag ist es, die Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der EU-Rechtsvorschriften für Asyl und internationalen Schutz zu unterstützen. Das geschieht etwa durch technische und operative Hilfsangebote, insbesondere dann, wenn das jeweilige Asylsystem besonders belastet ist. So waren zum Beispiel mehr als 500 Unterstützungskräfte ab 2016 in Griechenland im Einsatz, darunter viele Mitarbeitende aus europäischen Asylbehörden. Nach vielen Monaten massiver Flüchtlingszuwanderung über die Ägäis halfen sie mit, die Vereinbarungen der EU mit der Türkei umzusetzen. Auch viele Mitarbeitende des BAMF – vor allem erfahrene Entscheiderinnen und Entscheider – waren bis zu drei Monate vor Ort.

Mit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine richtete sich der Fokus auch auf die östlichen EU-Länder. Staaten wie Rumänien und Litauen nahmen innerhalb kürzester Zeit viele Tausende Kriegsgeflüchtete auf – und baten schließlich über die EUAA um Hilfe. Auch hier leistete Deutschland mit mehreren Mitarbeitenden des BAMF tatkräftige Unterstützung.

Ganz vorn im Ländervergleich

Aber auch in Deutschland stieg zusätzlich zu mehr als einer Million Ukraine-Geflüchteter die Zahl der Asylanträge zuletzt stark an. 2022 registrierte das BAMF bundesweit mehr als 244.000 Anträge. 2023 wurden knapp 352.000 Anträge entgegengenommen. Welcher Herausforderung das Amt damit gegenüberstand, wird mit einem Blick auf die Statistik deutlich: Dies war der vierthöchste Jahreswert seit Bestehen des BAMF im Jahr 1953. Auch innerhalb der Staaten der Europäischen Union verzeichnete Deutschland 2023 mit einem Plus von 107.720 Asylanträgen den höchsten Zuwachs bei den Antragszahlen im Vorjahresvergleich, gefolgt von Italien mit einem Anstieg um 51.530 und Spanien mit einem Anstieg um 44.475 Anträge.

Mit rund 132.000 Asylanträgen im ersten Halbjahr 2024 bewegt sich Deutschland nach wie vor auf einem hohen Niveau. Aber nicht nur die Zahl der Asylanträge, sondern auch die der sogenannten Dublin-Fälle ist gestiegen. Das Verfahren gemäß der Dublin-III-Verordnung soll die Sekundärwanderung von Geflüchteten in Europa begrenzen. In den Dublin-Referaten des BAMF wird festgestellt, welches Land als „Ersteintrittsstaat“ für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Deutschland war auch 2023 das EU-Land mit der höchsten Zahl von Dublin-Entscheidungen und durchgeführten Überstellungen in andere EU-Mitgliedsstaaten.

Erster Einsatz im Dublin-Referat

Im März dieses Jahres richtete Deutschland vor dem Hintergrund der eigenen, überproportional angestiegenen Belastung erstmals selbst einen Antrag auf Unterstützung an die EUAA. Im April 2024 wurde eine gezielte Bedarfsermittlung mit Schwerpunkt auf einer Dublin-Unterstützung durchgeführt. Am Rande der 52. EUAA Management Board-Sitzung auf Malta im Juni wurde dann der gemeinsame Einsatzplan von EUAA-Exekutivdirektorin Nina Gregori und BAMFVizepräsident Dr. Michael Griesbeck unterzeichnet.

„Nachdem wir in diesem Jahr erstmals selbst Hilfe angefragt haben, hat EUAA nicht gezögert, uns zu unterstützen“, erläutert Griesbeck. Auch die Behörden der Partnerländer seien schnell bereit gewesen, Mitarbeitende nach Deutschland zu entsenden, um das BAMF zu entlasten. „Das ist gelebte europäische Solidarität und es freut mich sehr, dass die ersten Unterstützungskräfte noch im Sommer ihre Arbeit in Deutschland aufnehmen konnten.“

Im Austausch

In den Dublin-Referaten wird bestimmt, welcher EU-Mitgliedsstaat für die Durchführung eines Asylantrags zuständig ist. BAMF-Pate Lutz Gorny arbeitet im Berliner Dublin-Büro die Unterstützungskräfte Ismat Zerin Khan und Clara Ulrich Fich (v. l.) ein. (Foto: BS/EUAA)

Gemäß dem gemeinsamen Einsatzplan werden bis zu 15 externe Expertinnen und Experten sowie Mitarbeitende der Asyl- und Migrationsbehörden anderer EU-Mitgliedsstaaten bis Ende 2025 in den Dublin-Zentren des Bundesamtes mithelfen. Der Unterstützungseinsatz beim BAMF bietet zudem die Möglichkeit für einen intensiven Austausch mit der EUAA und dem Fachpersonal anderer Mitgliedsstaaten, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der kürzlich verabschiedeten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Seit Ende August sind nun die ersten Unterstützungskräfte im Dublin-Referat des Bundesamtes in der Badenschen Straße in Berlin im Einsatz: Antoinette von Bartheld aus den Niederlanden, Ismat Zerin Khan als externe EUAA-Expertin und Clara Ulrich Fich aus Dänemark. Auch Frankreich und Finnland haben Unterstützungskräfte für die Dublin-Zentren des BAMF zugesagt.

Bart Vandenbroucke erklärt, die EUAA stehe bereit, das BAMF in einer Zeit des erhöhten Drucks auf das deutsche Asylsystem zu unterstützen. „Wir freuen uns sehr über diese Zusammenarbeit und darauf, mit dem BAMF an der Umsetzung der Dublin-III-Verordnung als integraler Bestandteil des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu arbeiten“, so der EUAA-Einsatz- Koordinator. „Die deutschen Behörden haben sich immer für unsere Agentur engagiert, durch verlässliche Hilfe, Mitarbeit beim Networking, in der Beratung und bei Schulungen – aber auch durch die Entsendung vieler deutscher Kollegen ins Ausland, um die Arbeit der EUAA in anderen Mitgliedstaaten zu unterstützen.“

Die Autorin des Gastbeitrags ist Lioba Hebauer, Pressereferentin im BAMF.

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