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StartDigitalesGeht es hier noch um Cyber-Sicherheit?

Geht es hier noch um Cyber-Sicherheit?

Seit der Satire-Sendung Neo Magazin Royale vom ZDF vom vergangenen Freitag, hat es das Thema der Cyber-Sicherheit wieder in den breiten medialen Diskurs geschafft. In der Sendung werden einzelne Cyber-Sicherheitsstrukturen in Deutschland beleuchtet. Der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, wird besonders kritisiert. Die Vorwürfe und die mediale Berichterstattung rund um den BSI-Chef werden von führenden Digitalexpert/-innen allerdings angeprangert.

Der Dreh und Angelpunkt der Sendung ist der Lobbyverein Cyber-Sicherheitsrat e. V. (CSRD). Der Interessenverein bringt Cyber-Sicherheitsakteur/-innen aus Politik und Wirtschaft zusammen und vernetzt auch nichtdeutsche Vertreter/-innen. Mitglied des Vereins war bis zum Anfang dieser Woche die Cyber-Sicherheitsfirma Protelion GmbH. Bis zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine hieß das Unternehmen Infotecs GmbH. Nach Informationen der Satire-Sendung wurde die Organisation von einem ehemaligen KGB-Agenten gegründet.

Die Protelion GmbH war auch Mitglied im Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen (BSKI). Am Montag gab der Verband bekannt, die Mitgliedschaft der Firma bis auf weiteres ruhen zu lassen. Auch der CSRD hat aus den Enthüllungen seine Konsequenzen gezogen. Der Verein hat die Protelion GmbH mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen: „Die durch Medienberichte im Raum stehenden Vorwürfe sind nicht vereinbar mit dem Kampf gegen Cyberkriminalität und der Förderung von Cybersicherheit“. Dem Verein zufolge gab es seit dem Eintritt der Firma 2020 weder „Gespräche noch gemeinsame Projekte mit Vertretern des Unternehmens“. Somit habe „keine Einflussnahme auf Vereinsebene stattgefunden“, resümierte der CSRD.

BSI-Präsident im Fokus

Der CSRD wurde im Jahr 2012 vom heutigen Präsidenten des BSI, Arne Schönbohm, mitgegründet. Als er 2016 sein jetziges Amt antrat, verließ er den Verein. Nach einer Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag von 2019 habe Schönbohm damals „die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Behörde dazu angewiesen, keine Auftritte mit Vertreterinnen und Vertretern des Cyber-Sicherheitsrates Deutschland e. V. zu absolvieren“. Den Auftrittsverbot begründeten die Fragesteller u. a. mit der Ausrichtung von Veranstaltungen seitens des CSRD, auf denen auch Vertreter/-innen von Auslandsnachrichtendiensten – vor allem aus Russland – anwesend waren. Am 08. September 2022 hielt Schönbohm jedoch zum zehnjährigen Bestehen des Vereins eine Festrede. Nach Medienberichten war der Auftritt als auch der Inhalt der Rede im vornherein mit dem Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) durch den Bundes-CIO Dr. Markus Richter abgestimmt.

Fragwürdige Schlussfolgerungen

Das BMI plant nun eine Abberufung des BSI-Chefs, sicherlich auch durch den medial aufgebauten Druck und den erwarteten Handlungsbedarf. Viel vorwerfen kann man der Person Schönbohm allerdings nicht, neben den Tätigkeiten im Verein, konnte auch die Satire-Sendung keine Verbindung vom BSI-Chef zu russischen Kontakten herstellen. Einzelne Digitalexpert/-innen kritisieren die mediale Berichterstattung zur Causa Schönbohm. Manuel Atug, Gründer und Sprecher der AG KRITIS, teilte auf Twitter mit, dass er zu Amtsantritt auch ein Kritiker Schönbohms gewesen sei. Allerdings habe er das BSI „vorangebracht“. Des Weiteren würde die Affäre rund um die Person von der eigentlichen Thematik ablenken: „Um den Schutz von KRITIS oder die Versorgungssicherheit geht es offenbar vielen nicht mehr wirklich“, resümierte Atug.

Prof. Dr. Haya Shulman, Professorin im Fachbereich Informatik an der Universität Frankfurt, kritisierte auf LinkedIn die „mediale Hinrichtung“ des BSI-Präsidenten. Shulman warf dem ZDF-Magazin vor, „die Person Schönbohm lächerlich zu machen und zu diskreditieren“. Auch Dr. Sven Herpig, Leiter für internationale Cybersicherheitspolitik bei der Stiftung Neue Verantwortung, resümierte auf Twitter, dass die Sendung politischen Schaden hervorgerufen habe. Er zeigte sich insgesamt etwas irritiert – die Vorwürfe gegen den CSRW und andere Recherchen, die in der ZDF-Show angesprochen wurden, seien in Fachkreisen schon hinlänglich bekannt.

Mit einer Abberufung Schönbohms als BSI-Präsident wird die Thematik wohl nicht enden. Die digitalpolitische Sprecherin der Linksfraktion im dt. Bundestag, Anke Domscheit-Berg, kündigte auf Twitter an, dass sich am Mittwoch der Digitalausschuss mit dem Thema befassen wird.

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