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Digitalausschuss befragt Twitter zum NetzDG – Twitter lobt den DSA

Der Bundestag befürchtet, dass Twitter gemeldete Hasskriminalität nicht löscht. Nach den Massenentlassungen fehle das Personal dazu. Der Twitter-Leiter für die Region Europa wiegelte ab. Die Plattform erfülle alle Pflichten. Außerdem gehe der Konzern davon aus, dass der Digital Services Act (DSA) der EU zum globalen Maßstab wird. Twitter sei vorbereitet.

„Wie stellen Sie sicher, dass Sie sich mit nur der Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an deutsches Recht halten?“, fragte der Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Zimmermann (SPD) den Twitter-Vertreter. Die Frage wurde im Laufe der Sitzung noch mehrfach gestellt. Denn der Twitter-Vertreter blieb vage. Seit 2017 gilt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Dieses Gesetz verpflichtet die Betreiber von Social-Media-Plattformen, illegale Inhalte zu prüfen, zu löschen und an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. Außerdem sollen die Plattformen eine Meldemöglichkeit für User bereitstellen. Das NetzDG richtet sich damit gegen die Hasskriminalität im Internet.

Nachdem Twitter von Elon Musk übernommen wurde, entließ dieser 75 Prozent der Angestellten. Davon waren auch viele deutsche Angestellte betroffen. Nun befürchten die Mitglieder des Digitalausschusses, dass extremistische und kriminelle Inhalte unkontrolliert auf der Plattform bleiben.

DSA statt NetzDG

Für Twitter stand Ronan Costello dem Ausschuss Rede und Antwort. Er arbeitet seit acht Jahren bei Twitter. Seit Dezember letzten Jahres ist er in der Global Government Affairs-Abteilung als der Leiter der Region Europa. Er ist also einer von Musks Getreuen und er hat eine Botschaft. „Elon Musk hat gesagt, dass Twitter sich an das Recht halten wird“, erklärte der Ire. Er berichtete von einem Treffen mit dem EU-Kommissar Thierry Breton und Elon Musk in Brüssel. Musk habe dem Kommissar eine Präsentation darüber gehalten, wie Twitter die Vorgaben des Digital Services Act (DSA) umsetzen wird. Der DSA wird ab 2024 in Kraft treten und das NetzDG ersetzen.

„Die Compliance mit dem DSA ist in unserem Interesse“, unterstreicht Costello. Der Kurznachrichtendienst habe seine Instrumente schon seit Jahren entwickelt. „Twitter wird einige DSA-Vorgaben weltweit umsetzen, weil wir davon ausgehen, dass dieses Gesetz eine globale „Benchmark“ wird“, verspricht Costello.

Moderation ohne Mitarbeiter

„Das NetzDG gilt bis zum Inkrafttreten des DSA für Sie“, verwies ihn Zimmermann auf die ursprüngliche Frage. Mit welchen Mitteln stelle Twitter seine Einhaltung sicher?

So ganz konkret wurde Costello nicht, was die NetzDG-Umsetzung angeht. Wie viele Twitter-Angestellte arbeiten noch in Deutschland, fragte Anke Domscheit-Berg (Die Linke). Keine Ahnung. Mit welchen Methoden wird Twitter die Moderation fortführen, wenn nicht mit Menschen? Twitter hat zwei Prozeduren im Gepäck. Die erste ist schon länger etabliert. Künstliche Intelligenz (KI), also ein lernfähiger Algorithmus, geht die Inhalte durch und kennzeichnet Spam, Hassbeiträge und Verbotenes. „Von allen gelöschten Inhalten wurden etwa 65 Prozent zuerst von der KI geflaggt“, berichtet Costello. Den Rest meldeten Nutzerinnen und Nutzer.

Twitter sortiere die unerwünschten Inhalte in drei grobe Kategorien: Illegales, Spam und „Alltags“-Desinformation. Um die ersten beiden Kategorien kümmere sich das firmeninterne Moderationsteam. Je nach Priorität der Inhalte dauere es nur wenige Stunden, bis ein Inhalt entfernt sei, sagte Costello.

Community Notes

Im Gegensatz dazu sollen sich die User künftig selbst um die Alltagsdesinformation kümmern. So lautet Elon Musks Plan. Dafür ist in den USA ein neues Tool eingeführt worden, die „Community Notes“. Dort können User kritische Inhalte selbst zusammentragen, ihre Gefährlichkeit bewerten und markieren. Das sei ein „dezentrales System wie bei Wikipedia“, erläuterte der Twitter-Vertreter. Dort funktioniere das gut.

Tatsächlich meldete Twitter laut der ZAC NRW im letzten Berichtszeitraum (Juli – Dezember 2022) mehr Hasskriminalität. Catarina dos Santos-Wirtz (MdB, CDU) wollte die Ursachen wissen. Diese Zahl hatte Costello parat. Twitter habe circa 100.000 zusätzliche Meldungen gemacht.

Große Skepsis

Domscheit-Berg kritisierte, dass Twitter keinen rechtlichen Vertreter mehr in Deutschland habe. Der Firmenvertreter erwiderte, dass ein sehr erfahrener Kollege in Dublin nun der Verantwortliche für die Einhaltung des DSA sei. „Er war auch bei dem Treffen mit Breton“, sagte Costello.

„Der Ausschuss hat eine große Skepsis, ob Twitter den Verpflichtungen aus dem NetzDG nachkommen kann“, fasst Tabea Rößner (Bündnis 90 / Die Grünen) am Ende die Anhörung zusammen. Die Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag spricht den Abgeordneten aus dem Herzen, scheint es.

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