(BS) Innenminister Roman Poseck (CDU) hat nach einem Treffen mit seinen sicherheitspolitischen Spitzenbeamten mehr Befugnisse für die hessischen Sicherheitsbehörden gefordert. „Angesichts der aktuellen Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus und den Gefahren durch Spionage, Sabotage und Desinformationen aus dem Ausland, dürfen unsere Sicherheitsbehörden nicht abgehängt werden“, forderte Poseck. Um den neuen Herausforderungen gerecht werden zu können, seien erweiterte Befugnisse und eine bessere Ausstattung unabdingbar. Der Innenminister sprach insbsondere die terroristischen Gefahren, die vom politischen und politisch-religiösen Spektrum ausgehen sowie die „Aktivitäten fremder Staaten auf deutschem Boden“ an und nannte die Anschlagspläne auf den Rheinmetall-Vorstandsvorsitzenden Armin Theodor Papperger als Beispiel.
Nach dem Bekanntwerden russischer Anschlagspläne auf den Rheinmetall-Chef forderte schon Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) mehr Befugnisse für die deutschen Sicherheitsbehörden. Er habe ein „massives Problem“ mit der Abhängigkeit deutscher Behörden von ausländischen Informationen. Er forderte, dass den deutschen Sicherheitsbehörden die gleichen Instrumente zur Verfügung stehen müssten wie dem Ausland. Er nannte insbesondere Vorratsdatenspeiche rung, die Quellen-Telekommunikationsüberwachung sowie Onlinedurchsuchungen als notwendige Werkzeuge.
Umdenken eingefordert
Poseck forderte von der Politik, sich mit der neuen Gefahrenlage auseinanderzusetzen. Als besondere Schwäche identifizierte er die Abhängigkeit Deutschlands von Informationen fremder Staaten und Nachrichtendienste bei der Vereitelung von Terroranschlägen. „Unsere Nachrichtendienste laufen den ausländischen Nachrichtendiensten hinterher“, konstatierte Poseck und mahnte ein Umdenken bezüglich des Umgangs mit sicherheitsrelevanten und datenschutzrelevanten Informationen: „Wir sollten uns nicht dauerhaft auf andere Staaten verlassen.“
Um dem technologischen Fortschritt gerecht zu werden, sollten die rechtlichen Grundlagen, beispielswiese in Bezug auf die Datenauswertung, angepasst werden. Er warf der Bundesregierung in zentralen Fragen ein zu zaghaftes Handeln vor. Auch die Kriminalitätsbekämpfung im Netz bedürfe entsprechender Instrumente, um in Zeiten verschlüsselter Kommunikationsdienste und des Darknets effektiv arbeiten zu können.
Neun Maßnahmen vorgeschlagen
Nach den Gesprächen mit dem Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz Bernd Neumann, dem Landespolizeipräsidenten Robert Schäfer und dem Präsidenten des Hessischen Landeskriminalamtes Andreas Röhrig forderte Poseck neun konkrete Maßnahmen.
So solle der Bund die Verschärfung der Strafbarkeit von geheimdienstlichen Agententätigkeiten und die Erweiterung auf den Bereich hybrider Bedrohung prüfen. Die Novellierung des Nachrichten-dienstrechts müsse endlich abgeschlossen werden, „um klare und belastbare Rechtsgrundlagen des Handelns auch der Verfassungsschutzbehörden des Bundes“ zu schaffen und die Nachrichtendienste zu stärken. Mit Blick auf die Spionageabwehr müsse zudem das Bundesamt für Verfassungsschutz gestärkt werden. Beim gemeinsamen Aufbau neuer und verstärkter Spionageabwehrkompetenzen müsse der Bund die Länder einbeziehen. Zudem forderte er erneut die anlasslose IP-Adressenspeicherung. Diese sei nicht nur zur Verhinderung terroristischer Anschläge und zur Spionageabwehr vonnöten, sondern auch zur Verfolgung schwerer Kriminalität wie Kinderpornographie. Kritik übte er diesbezüglich an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der das „Quick-Freeze“-Verfahren für ausreichend erachtet.
Weiterhin warnte Poseck davor, die Einsätze von verdeckten Ermittlern und der Vertrauenspersonen klaren und detaillierten rechtlichen Vorgaben zu unterwerfen, wie es der Referentenentwurf zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen vorsieht. Das aktuelle Gesetzesvorhaben beeinträchtige die Möglichkeiten der effektiven Verbrechensbekämpfung erheblich und missachte die Kritik von Experten der Polizei. Er forderte eine Verbesserung des nationalen und internationalen Informationsaustausches in Bezug auf die Terrorbekämpfung. Die Analyseplattform hessenDATA könne als Vorbild für ein „Bundes-VeRA“ dienen.
Zudem sollte der rechtliche Rahmen der EU KI-Verordnung ausgeschöpft werden. Poseck führte als Beispiel Gesichtserkennungssoftware an. Einfachen Bürgern stünden mehr Befugnisse zu als der Polizei. Dies zeige auch der Fall der RAF-Terroristin Daniela Klette, die Journalisten anhand einer Gesichtserkennungssoftware identifizierten. Datenschutz dürfe nicht zu Täterschutz führen. Wegen Bedenken des Datenschutzes oder komplizierter Beschaffungsverfahren, die den Einsatz von KI-Instrumenten verhinderten, genössen Verbrecher einen entscheidenden Vorteil. Auch die Zusammenarbeit mit digitalen Dienstanbietern und Plattformbetreibern müsse verbessert werden, um terroristischen und geheimdienstlichen Aktivitäten nachgehen zu können sowie volksverhetzende, terroristische oder gezielt desinformierende Inhalte schneller entfernen zu können. Zu guter Letzt forderte Poseck einen besseren Zugriff auf kryptierte Täterkommunikation. Die Europäische Union solle auf Telekommunikationsanbieter, die sich der Kooperation mit den Sicherheitsbehörden entziehen, Druck ausüben, um rechtswidrige Kommunikationsinhalte identifizieren zu können.