Nach aktueller Einschätzung des Deutschen Beamtenbunds (DBB) fehlen dem Staat über 570.000 Mitarbeitende. Der Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach fürchtet, dass diese Zahl nach dem Anschlag in Solingen weiter steigen könnte.
Die Angaben zum Personalmangel ergeben sich laut Silberbach aus einer Abfrage unter den DBB-Mitgliedsgewerkschaften. „Allerdings hat die Befragung vor dem Anschlag von Solingen stattgefunden“, so Silberbach. Aufgrund des Sicherheitspakets, dass die Bundesregierung als Reaktion auf das Messer-Attentat auf den Weg gebracht habe, fehlten nun noch mehr Leute.
Silberbach übt inhaltlich deutliche Kritik an den Beschlüssen der Regierung: „Das sind Placebo-Beschlüsse – jedenfalls dann, wenn sich die Personalausstattung von Justiz, Polizei und in den kommunalen Ausländerbehörden nicht verbessert.“ Dass sich Ausreisepflichtige derzeit so leicht ihrer Abschiebung entziehen könnten, habe z. B. damit zu tun, dass vielen Ausländerbehörden die Kapazitäten für wiederholte Abschiebeversuche fehlten. Auch dass Verfahren „verfristen“ oder Abschiebungen an Personalmangel scheitern, führt er als entscheidende Gründe an. „Die Politik packt dieses Problem nicht an“, bemängelt er.
Silberbach empfindet das als symptomatisch für den Umgang der Politik mit dem Öffentlichen Dienst in den vergangenen Jahren. Die Zahl der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst sei zwar zuletzt gewachsen, allerdings nicht so schnell, wie die durch die Politik vorgegebene Aufgabendichte. „Unsere Zahlen sind keine Wunschzahlen, sondern ergeben sich aus den Aufgaben, die die Politik uns stellt“, betont der DBB-Vorsitzende. Herausforderungen wie Migration, Alterung der Gesellschaft und „Zeitenwende“ ließen sich nur bewältigen, wenn der Staat seinen Auftrag erledige und dafür entsprechend Personal vorhalte. „Es stimmt, dass wir so viele Leute niemals bekommen werden. Umso mehr muss die Politik endlich Prioritäten setzen und an anderer Stelle Aufgaben reduzieren.“ Dazu gehören laut Silberbach beispielsweise bestimmte Dokumentationspflichten in Kitas und im Gesundheitsbereich, die reduziert und digitalisiert werden müssten.
Eine längere Lebensarbeitszeit ist aus Sicht des DBB-Vorsitzenden maximal eine freiwillige Übergangslösung. Die Politik könne damit nicht das Nachwuchsproblem beheben. Er könne sich aber vorstellen, dass unter Umständen manche Kolleginnen und Kollegen auch über die gesetzliche Altersgrenze hinaus arbeiten würden. „Warum sollte etwa ein Richter nicht auch mal bis 72 arbeiten – wenn er und der Dienstherr das wollen?“, gibt er zu bedenken.