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Zentralstelle Cybercrime Bayern und die Vorratsdatenspeicherung

Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) liegt die Cyber Crime-Aufklärungsquote bei rund 30 Prozent. Die Aufklärungsquote der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) liege deutlich darunter, vermutet deren Leiter, der Leitende Oberstaatsanwalt Lukas Knorr. Als Gegenmittel fordert der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) die Verkehrsdatenspeicherung.

Die ZCB wird acht. Für das Bayerische Staatsministerium der Justiz ist die Zentralstelle eine Erfolgsgeschichte. Sie begann mit zwei Staatsanwälten in einem provisorischen Büro außerhalb des Justizgebäudes in Bamberg. Einer der beiden war Lukas Knorr. Damals, im Jahre 2015, legten er und sein Kollege den Grundstein für die ZCB. Sie leiteten damals 500 Verfahren ein. Allein im letzten Jahr waren es hingegen schon über 15.000. Inzwischen arbeiten 22 auf Cyber Crime spezialisierte Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in der Zentralstelle. Hinzu kommen vier IT-Forensiker, die bei den technisch anspruchsvollen Fällen ermitteln.

Eine „Speerspitze im Kampf gegen Cyber Crime“ nennt der Bamberger Generalstaatsanwalt Wolfgang Gründler die ZCB. Unter Cyber Crime fällt dabei allerhand. Die ZCB ermittelt bei Hacker-Angriffen, Ransomware, Cyber Trading, Online-Betrug, Dark Net-Kriminalität und Kinderpornografie. Für Ermittlungen gegen Kinderpornografie und sexuellen Missbrauch im Internet gründete das bayerische Justizministerium das „Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet“ (ZKI) unter dem Dach der ZCB.

Neue Tatfelder am Horizont

„Auf den Erfolgen bislang können wir uns nicht ausruhen“, betont Generalstaatsanwalt Wolfgang Gründler. Die Dynamik bleibe hoch. Gemeinsam mit den neuen Technologien könnten die Ermittlerinnen und Ermittler schon neue Deliktfelder am Horizont sehen. „Straftäter sind meist die ersten, die technische Neuerungen für sich entdecken“, sagt Gründler. Als Beispiele nennt er Non Fungible Tokens (NFTs) und das Metaversum.

„Unser Cyber-Strafrecht ist leider nicht auf der Höhe der Zeit“, kritisiert der bayerische Staatsminister der Justiz. „Wir sind Jahrzehnte hinterher.“ Eisenreich kritisiert, dass Straftaten im digitalen Raum teilweise mit deutlich niedrigeren Strafmaßen versehen seien als Vergleichbares im Analogen. Zumindest müsse der Gesetzgeber die Strafmaße einander angleichen.

Verkehrsdatenspeicherung

Zudem bricht Eisenreich eine Lanze für die Verkehrsdatenspeicherung, auch Vorratsdatenspeicherung genannt. Diese Regelung verpflichtete Telekommunikationsanbieter, Verkehrsdaten wie IP-Adressen zu speichern. Über solche Daten können Ermittlerinnen und Ermittler herausfinden, wer welche Daten abgerufen hat. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im September 2022 entschieden, dass eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen unzulässig sei. „Aber er hat Spielräume eröffnet“, unterstreicht der Staatsminister. Bei schweren Straftaten wie sexuellem Kindesmissbrauch sei eine vorsorgliche Datenspeicherung möglich.

„Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung und der Bundesjustizminister hier immer wieder blockieren und wirkungslose Instrumente wie das Quick-Freeze-Verfahren vorschlagen“, kritisiert der CSU-Staatsminister. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) solle sich mit Staatsanwältinnen und -anwälten aus der ZCB und dem ZKI unterhalten und sich über die Arbeitsebene informieren.

Der Bamberger Generalstaatsanwalt Wolfgang Gründler schließt sich dieser Forderung an. Quick Freeze laufe ständig ins Leere. Denn Meldungen über Kinderpornografie kämen zum Beispiel aus den USA. Die gemeinnützige Organisation National Center for Missing & Exploited Children meldet den dortigen Behörden viele Fälle. Wenn die US-Behörden dabei IP-Adressen aus Deutschland ermitteln, leiten sie diese an die zuständigen Stellen weiter. Viele große deutsche Verfahren gehen auf diese Meldungen zurück. Doch oft dauert das länger als eine Woche. Dadurch bleibe Quick Freeze wirkungslos, erklärt Gründler.

Kinderpornografie-Ermittlungen der ZCB

Im Gegensatz zu seinen Vorgesetzten hält sich Leitender Oberstaatsanwalt Lukas Knorr mit Forderungen zurück. Der Leiter der ZCB erzählt aber von einem Verfahren im Jahr 2019. Ein Mann hatte mehrere Jungen im Alter bis sechs Jahre schwer missbraucht. Die ZCB konnte ein Verfahren gegen ihn einleiten, an dessen Ende der Beschuldigte zu elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. „Dieses Verfahren zeigte wie wichtig unsere Aufgabe ist, aber es belastete unsere Kolleginnen und Kollegen sehr“, sagt Knorr.

Nicht alle Verfahren im Bereich Kinderpornografie führt die ZCB selbst. Wenn ein Verfahren keine technischen Spezialkenntnisse erfordere, leiteten sie es an die zuständige Staatsanwaltschaft vor Ort weiter. Die ZCB ermittele dagegen viel bei komplizierten Darknet-Fällen. „Typischerweise zeigen sich die Täter bei der ersten Vernehmung erstaunt, dass wir sie trotz der Verschleierung durch Darknet oder VPN gefunden haben“, lächelt Knorr.

Aufklärungsquote

Verfahren gegen Internetkriminalität und Cyber Crime seien nicht aussichtslos. Er wirbt dafür, dass die Geschädigten Verbrechen anzeigen. „Die Dunkelfeldquote ist erheblich“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt. Obwohl es Dunkelfeldforschung gebe, „sind die Zahlen meines Erachtens nicht sehr belastbar.“ Was Ermittlungserfolge angeht, geben viele Polizeiliche Kriminalitätsstatistiken einen Wert von etwa 30 Prozent der Fälle an. „Aus unserer Warte liegt die Aufklärungsquote deutlich darunter“, erklärt der Leiter der ZCB.

Selbst bei den eingeleiteten Verfahren richte sich etwa die Hälfte gegen Unbekannt, ergänzt Staatsminister Eisenreich. Deswegen seien Ermittlungsbefugnisse wie die Verkehrsdatenspeicherung so entscheidend. „Auch ich will keinen Überwachungsstaat und keinen gläsernen Bürger“, sagt Eisenreich dann noch.

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