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StartDigitalesDatenschutzbußgeldverfahren gegen die "Deutsche Wohnen" vor dem EuGH

Datenschutzbußgeldverfahren gegen die „Deutsche Wohnen“ vor dem EuGH

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mündlich über eine Grundsatzfrage verhandelt: Müssen Datenschutzbehörden einer natürlichen Person eine Ordnungswidrigkeit nachweisen, um Bußgelder gegen ein Unternehmen verhängen zu dürfen? Anlass ist ein Bußgeldverfahren gegen die Deutsche Wohnen.

„Die Sanktionierung von Datenschutzverstößen durch Unternehmen ist in Deutschland gegenüber anderen EU-Mitgliedstaaten derzeit deutlich erschwert“, klagt Meike Kamp. Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hatte im Jahr 2019 ein Bußgeld in Höhe von 15,4 Millionen Euro gegen die „Deutsche Wohnen“ verhängt. Das Unternehmen speichere ausufernd Mieterdaten. Das Problem dabei: Die Berliner Datenschutzbeauftragte verhängte das Bußgeld gegen die juristische Person, welche das Unternehmen führt. Im deutschen Recht gelten Datenschutzverstöße jedoch als Ordnungswidrigkeiten. Diese können nach deutscher Auffassung nur von natürlichen Person begangen werden. Deshalb setzen Datenschutzbußgelder nach Ansicht des Berliner Landgerichts voraus, dass die Datenschutzbeauftragte eine verantwortliche natürliche Person identifiziert. In der Folge stellte das Berliner Landgericht das Verfahren gegen die „Deutsche Wohnen“ ein.

„Dies widerspricht dem Ziel einer einheitlichen Durchsetzung europäischen Rechts und steht nicht im Einklang mit der DSGVO“, kritisiert Kamp. Bußgelder gegen juristische Personen entsprächen den Regeln der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des EU-Rechts. „Gerade bei großen Konzernen ist der Nachweis einer persönlichen Verursachung in der Unternehmensleitung häufig kaum zu führen.“ Das sah wohl auch die Berliner Staatsanwaltschaft so und brachte im Einvernehmen mit der Landesdatenschutzbeauftragten eine Beschwerde ein. Damit ist das Verfahren beim Berliner Kammergericht. Dieses hat die wesentlichen Rechtsfragen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Grundlegende Weichenstellung erwartet

Die Datenschutzkonferenz fordert den EuGH auf, im Sinne der Berliner Datenschutzbeauftragten zu entscheiden. In einer Stellungnahme schreibt das Gremium der Datenschutzaufsichtsbehörden: Für ein DSGVO-Bußgeldverfahren bedürfe es rechtlich gesehen „nur der Feststellung, dass Mitarbeitende des Unternehmens einen Verstoß gegen die DSGVO begangen haben, ohne dass die konkret handelnden Mitarbeitenden ermittelt werden oder Leitungspersonen des Unternehmens sein müssen.“ Alles andere wäre ineffektiv. Zudem sei es nach ihrer Einschätzung nicht notwendig, dass der Pflichtverstoß schuldhaft begangen wurde. Eine objektive Zuordnung eines Datenschutzvergehens zu einem Unternehmen solle reichen.

„Die Entscheidung in diesem Verfahren wird für Deutschland eine grundlegende Weichenstellung bedeuten“, sagt Marit Hansen, Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein und Vorsitzende der Datenschutzkonferenz für das Jahr 2023. Die Datenschutzbeauftragten warteten gespannt auf den Ausgang des Verfahrens.

„Das Verfahren vor dem EuGH wird hoffentlich in dieser Frage die erforderliche Rechtssicherheit für Unternehmen und Aufsichtsbehörden schaffen“, sagt die Berliner Datenschutzbeauftragte Kamp.

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