Eine nationale Vorschrift die ein Auswahlkriterium ermöglicht, wonach Bieter bereits bei Abgabe ihres Angebots am Ort der späteren Leistungserbringung ansässig sein müssen, ist nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz unverhältnismäßig (EuGH, 14.07.2022, C-436/20).
Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz
Eine solche Regelung behandelt ansässige und nichtansässige Bieter ungleich. Diese Ungleichbehandlung ist nach dem Gleichheitsgrundsatz nur dann gerechtfertigt, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgt. Im zu entscheidenden Fall sah der EuGH ein legitimes Ziels in der Nähe und Zugänglichkeit der ausgeschriebenen sozialen Dienstleistung an.
Bei Angebotsabgabe unverhältnismäßig
Indem der Auftraggeber die Ausschreibung auf Bieter beschränkte, die bereits im Zeitpunkt der Angebotsabgabe am Ort der späteren Leistungserbringung ansässig waren, schränkte er den Wettbewerb jedoch unverhältnismäßig ein.
Ortsansässigkeit erst bei Ausführung
Nach Ansicht des EuGH kann das Ziel der Nähe und Zugänglichkeit der Leistung ebenso wirksam erreicht werden, wenn Bieter erst bei der Ausführung der Leistung ortsansässig sein müssten. Diese Grundsätze dürften auch für entsprechende Anforderungen in den Vergabeunterlagen gelten.
Download Volltext:
https://www.heuking.de/fileadmin/DATA/Dokumente/Aktuelles/EuGH_14.07.22_C-436-20_1298.pdf
Der Autor des Gastbeitrags ist Mike Steffen von der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.
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